Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.04.1979; Aktenzeichen S-9/Kr-62/78) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 1979 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977.
Die im Jahre 1946 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige. Ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Firma N. (Kaufhaus S.) endete am 30. April 1977. Bereits am 29. März 1977 wurde sie in ihrer jugoslawischen Heimat, in die sie zurückgekehrt war, wegen Lumbal- und Cervikalsyndroms arbeitsunfähig krankgeschrieben. Wiederholt zeigte die kommunale Sozialversicherungsanstalt in Novi Sad (Jugoslawien) nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über soziale Sicherheit eine bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin an, zuletzt am 1. August 1977 bis zum 9. August 1977. Auf die Aufforderung der Beklagten, welche Maßnahmen (fachärztliche Behandlung, stationäre Behandlung, Röntgenaufnahmen etc.) veranlaßt worden seien, übersandte der jugoslawische Versicherungsträger ärztliche Befundunterlagen einschließlich eines EKG-Streifens im Original. In Auswertung dieser Unterlagen kam Dr. C. (Sozialärztliche Dienststelle …) am 6. Dezember 1977 zu der Auffassung, daß die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit allenfalls bis zum 30. April 1977 gedauert habe.
Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 1977 die Gewährung von Krankengeld ab. Die Arbeitsunfähigkeit habe nur bis zum 30. April 1977 bestanden. Bis dahin sei aber der Lohn fortgezahlt worden.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin bei der Beklagten am 20. Januar 1978 Widerspruch ein, Obwohl das Beschäftigung Verhältnis am 30. April 1977 geendet habe, habe sie mangels Unterbrechung Anspruch auf das Krankengeld. Das ergebe sich auch aus den vollständig vorgelegten Unterlagen des jugoslawischen Versicherungsträgers. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 6. Februar 1978 den Widerspruch aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.
Auf die am 16. Februar 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – am 27. April 1979 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen und zur Begründung ausgeführt: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen jugoslawischer Ärzte gäben keinen Anlaß zur Annahme begründeter Zweifel an ihrer Richtigkeit, da sie unstreitig Befunde, Diagnosen und einschneidende Untersuchungsergebnisse enthielten. Die vertrauensärztliche Beurteilung des Dr. C. sei nicht geeignet, solche Zweifel zu begründen. Sie sei ohne eigene Untersuchung und nur aufgrund der jugoslawischen Untersuchungsergebnisse erstattet. Schließlich müsse der Beklagten deutlich gemacht werden, daß das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien über soziale Sicherheit keine Regelungen enthalte, die ihr das Recht einräume, die durch die jugoslawischen Ärzte festgestellte Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen bzw. neu festzustellen. Vielmehr sei nach § 369 b Reichsversicherungsordnung – RVO – grundsätzlich von der Gültigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auszugehen.
Gegen dieses ihr am 17. Juli 1979 zugestellte Urteil hat die Beklagte bei dem Hessischen Landessozialgericht schriftlich am 20. Juli 1979 Berufung eingelegt. Sie bringt zu ihrer Begründung vor: Die Auffassung des SG, daß sie nach dem Abkommen nicht befugt sei, das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit selbst zu überprüfen, sei rechtsirrig. Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit seien vom Versicherten zu beweisen. Dieser Beweis könne von der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Mai 1977 aufgrund der vorgelegten jugoslawischen Unterlagen nicht geführt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. April 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungs- und Streitakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die mangels Vorliegens von Berufungsausschließungsgründen statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG).
Sie ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufrecht erhalten bleiben, da das SG ihr zu Unrecht stattgegeben hat. Der Bescheid vom 19. Dezember 1977 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 6. Februar 1978 (§ 95 SGG) ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. Mai bis zum 9. August 1977 keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld, da für diesen Zeitraum keine Arbeitsunfähigkei...