Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108. bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. bisegmentaler Bandscheibenschaden. arbeitsmedizinische Voraussetzungen. Konsensempfehlungen 2005. belastungskonformes Schadensbild. B2-Konstellation. 1. Zusatzkriterium: Höhenminderung und/Prolaps an mehreren Bandscheiben. 3. Zusatzkriterium: hohe Belastungsspitzen. Zweirad-Mechaniker
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem bisegmentalen LWS-Bandscheibenschaden und dem Fehlen einer Begleitspondylose ist ein beruflicher Zusammenhang im Sinne der B2-Konstellation 1. Zusatzkriterium der Konsensempfehlungen (Höhenminderung und/Prolaps an mehreren Bandscheiben) nur dann anzunehmen, wenn eine Veränderung an einem weiteren, dritten Segment zumindest in Form einer black disc festzustellen ist.
2. Zu den Anforderungen an das 3. Zusatzkriterium der B2-Konstellation der Konsensempfehlungen (hohe Belastungsspitzen).
Orientierungssatz
1. Die Tatsache, dass sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen schweren Hebens und Tragens als auch der vom Verordnungsgeber in der BK Nr 2108 geforderte Befund eines bandscheibenbedingten LWS-Leidens zur Überzeugung des Senats nachgewiesen sind, führt nicht zu der im Sinne eines Anscheinsbeweises zu rechtfertigenden Annahme (dazu § 9 Abs 3 SGB VII), dass damit auch von einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Belastung im Rahmen der medizinischen Zusammenhangsbeurteilung auszugehen ist.
2. Der Senat sieht folgende Kriterien für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Rahmen der BK Nr 2108 als wesentlich an: das Krankheitsbild - insbesondere in Form eines die Altersnorm überschreitenden Wirbelsäulenbefundes einerseits und eines belastungskonformen Schadensbildes andererseits, das Bestehen einer konstitutionellen Veranlagung bzw weitergehender konkurrierender Erkrankungen sowie die Eignung der belastenden Einwirkung zur Verursachung der Krankheit, biomechanische Begleitumstände wie Körperhaltung und zur Verfügung stehende Hilfsmittel, individuelle Konstitution und zeitliche Korrelation zwischen Erkrankungsverlauf und beruflichen Überlastungen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. März 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger streitet um die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) Nr. 2108 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens.
Er bezieht von der Beklagten eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v.H. wegen Erblindung des rechten Auges als Folge eines Arbeitsunfalles aus dem Jahre 1974.
Der 1955 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung zunächst als Maschinenschlosser (1971 bis 1974) und anschließend überwiegend als Zweiradmechaniker beschäftigt. Von Februar 1975 bis September 1980 war er bei der Fa. Zweirad-C. in C-Stadt, von Oktober 1980 bis September 1982 bei der Fa. Autohaus D. in D-Stadt sowie von Oktober 1982 bis März 1988 bei der Fa. E. Automobile in E-Stadt (Zweiradmechaniker, Ersatzteil-Lagerist, Verkauf, Auftragsabwicklung, Haustechniker) tätig. Von April 1988 bis Januar 1996 arbeitete er bei der Fa. F. in A-Stadt als Elektromechaniker, mitarbeitender Abteilungsleiter Datenaufbereitung und Haustechniker. Nach einer vorübergehenden Arbeitslosigkeit war er von August 1996 bis Dezember 1996 bei der Fa. Aufzugsdienst G. in G-Stadt als Aufzug- und Fördertechnik-Monteur beschäftigt. Von Januar 1997 bis März 1998 folgte eine Anstellung bei der Fa. Autohaus H. in E-Stadt (Mechanikermeister, Kundenberater, Haustechniker), die dem Kläger zum 1. April 1998 betriebsbedingt kündigte. Auf eine Arbeitsunfähigkeit von April 1998 bis Juni 1999 folgte Arbeitslosigkeit von Juli 1999 bis Januar 2001. Seit Februar 2001 erhält der Kläger Berufsunfähigkeitsrente.
Am 27. April 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als BK nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen, nachdem er im März 1998 einen Bandscheibenvorfall zwischen 4. und 5. Lendenwirbelkörper (LWK 4/5) erlitten hatte. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. November 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1999 ab. Das Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2004 ab, nachdem es von Amts wegen das Gutachten nach Aktenlage des Chirurgen Prof. J. vom 14. Juli 2001 eingeholt hatte. Im dagegen angestrengten Berufungsverfahren erstattete der Orthopäde Dr. K. auf Antrag des Klägers das Gutachten vom 2. Juli 2005 sowie der Orthopäde Dr. L. von Amts wegen das Gutachten vom 17. April 2006 mit ergänzender Stellungnahme vom 1. September 2008. Die Berufung wurde sodann mit Urteil des Senats vom 18. August 2009 zurückgewiesen, ...