Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Elterngeldes bei Mischeinkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ein Vorbehaltsbescheid über die Bewilligung von Elterngeld nach § 8 Abs. 3 BEEG erledigt sich gemäß § 39 Abs. 2 SGB 10 mit der Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung auf sonstige Weise.

2. Bei der Berechnung des Elterngeldes ist auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes gemäß § 2b Abs. 2 S. 1 BEEG abzustellen. Bei Mischeinkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit ist der Bemessungszeitraum des § 2b Abs. 3 S. 1 BEEG zugrunde zu legen.

3. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es gilt das vom BSG entwickelte modifizierte Zuflussprinzip, wonach es darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt die Einkünfte tatsächlich zugeflossen sind. Dieses ist auch auf Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit anzuwenden. Der Gesetzgeber ist zu einer typisierenden und pauschalierenden Regelung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung unter Rückgriff auf das Einkommensteuerrecht verfassungsrechtlich berechtigt.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 19. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom 22. März bis 21. April 2015 und 22. Oktober bis 21. November 2015 (6. und 13. Lebensmonat) zu zahlenden Elterngeldes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Dabei ist insbesondere die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum sowie im Bezugszeitraum streitig.

Der 1967 geborene Kläger und seine Ehefrau, D. A., sind Eltern des am 22. Oktober 2014 geborenen Kindes C. Sie stellten am 16. Februar 2015 Antrag auf Elterngeld und bestimmten für den Kläger als Bezugszeitraum den 6. und 13. Lebensmonat des Kindes. Aus den ergänzenden Angaben des Klägers ergibt sich, dass er vor der Geburt des Kindes bzw. im Kalenderjahr vor der Geburt (2013) sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (Speditionskaufmann) als auch Gewinneinkünfte aus Gewerbebetrieb (D.'s Blumengalerie in A-Stadt) erzielt hat. Der Kläger legte u.a. Gehaltsabrechnungen der Firma E. GmbH & Co. KG für die Monate Januar bis Dezember 2013, eine betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) für die Monate Januar bis Dezember 2014 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2013 vor. Der Steuerbescheid weist negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von -4.810,00 € aus. Die Frage nach der Erzielung von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit und selbständiger Arbeit nach der Geburt des Kindes bejahte der Kläger.

Durch Bescheid vom 5. März 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Elterngeld für den 6. und 13. Lebensmonat und damit für die Zeiträume 22. März bis 21. April 2015 und 22. Oktober bis 21. November 2015 in Höhe von jeweils 1.220,88 €. Dabei berücksichtigte der Beklagte ausweislich der Bescheidanlage als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2013 und führte zur Höhe aus, das dem Kläger zustehende Elterngeld belaufe sich angesichts eines durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens im Bemessungszeitraum von 1.878,27 € auf 1.220,88 € (65 %). Für Einkommen aus Teilzeittätigkeit während des Bezugszeitraums setzte der Beklagte im Übrigen keinen Betrag an. Im Bescheid wies der Beklagte ergänzend darauf hin, dass die Zahlung vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolge. Eine endgültige Feststellung sei erst nach Vorlage der BWA für die Monate März, April, Oktober und November 2015 möglich.

Im weiteren Verlauf legte der Kläger die angeforderten BWA's vor. Nach Auswertung stellte der Beklagte durch Bescheid vom 7. April 2016 das dem Kläger zustehende Elterngeld endgültig fest. Nunmehr gelangte der Beklagte zu einem monatlichen Zahlbetrag von lediglich 300,00 € (Sockelbetrag). Dabei berücksichtigte er weiterhin als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2013 mit dem Nettoerwerbseinkommen aus nichtselbständiger Arbeit von 1.878,27 €. Zugleich ging der Beklagte nunmehr von einem zu berücksichtigenden durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommen aus Teilzeittätigkeit während des Bezugszeitraums in Höhe von 2.346,40 € aus. Mangels positiver Einkommensdifferenz verblieb der Sockelbetrag. Der Beklagte forderte eine Überzahlung in Höhe von 1.841,76 € zurück.

Der Kläger erhob Widerspruch am 4. Mai 2016 und beanstandete, für die Berechnung des Elterngeldes für die im Jahr 2015 liegenden Lebensmonate müsse auch das Einkommen aus dem Jahr 2015 zu Grunde gelegt werden. So müsse auf die tatsächlich erhaltenen 10 Bruttogehälter des Jahres 2015 abgestellt werden. Darüber hinaus beanstandete der Kläger den von dem Beklagten angesetzten Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dieser müsse dergestalt ermittelt werden, dass der Jahresgewinn durch 12 geteilt...

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