Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Übernahme von Kosten einer Wohnungserstausstattung als Zuschuss bei einem Ungezieferbefall in einer Wohnung
Orientierungssatz
Wurde die Neueinrichtung einer Wohnung durch einen Ungezieferbefall und die dazu durchgeführte Ungezieferbeseitigung notwendig, so kommt im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ein Zuschuss zur Anschaffung von Wohnungserstausstattung als Wiederbeschaffung jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der betroffene Grundsicherungsempfänger nach Feststellung des Ungezieferbefalls erst mit Verzögerung (hier: sechs Monate) aus der Wohnung ausgezogen ist und damit eine weitere Ausbreitung des Ungeziefers möglich war. Denn in diesem Fall fehlt es an der Annahme eines von außen auf die Wohnung einwirkenden Ereignisses als Voraussetzung eines Zuschussanspruchs bei Wiederbeschaffung von Wohnungseinrichtung.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. März 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Erstausstattungen für die Wohnung des Klägers einschließlich der Haushaltsgeräte und für die Bekleidung des Klägers als Zuschuss statt als Darlehen.
Der 1954 geborene Kläger, für den sein Prozessbevollmächtigter als Betreuer bestellt ist (Betreuerausweis vom 17. Juni 2008, Bl. 4 der Gerichtsakte L 7 AS 184/11 B ER), erhielt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten.
Mit Schreiben vom 9. August 2010 (Bl. 360 der Verwaltungsakte) teilte der Betreuer des Klägers dem Beklagten mit, dass die Wohnung des Klägers von Ungeziefer befallen sei und es dringend erforderlich sei, dass die Wohnung durch einen Kammerjäger von dem Ungeziefer befreit wird. Er beantragte die Übernahme der Kosten für die Reinigung und die Renovierung der Wohnung. Der Beklagte verwies den Kläger durch Bescheid vom 13. August 2010 (Bl. 362 der Verwaltungsakte) bezüglich einer Grundreinigung an das Sozialrathaus C-Stadt und bewilligte dem Kläger durch einen weiteren Bescheid vom 13. August 2010 (Bl. 365 der Verwaltungsakte) Leistungen in Höhe von 168 Euro zur Renovierung der Wohnung.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2010 (Bl. 8 der Gerichtsakte L 7 AS 184/11 B ER), das sich jedoch nicht in der Verwaltungsakte des Beklagten befindet, wies der Betreuer des Klägers den Beklagten (nochmals) darauf hin, dass die Wohnung des Klägers von Ungeziefer befallen sei. Um die Wohnung wieder in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen, sei die vollständige Entsorgung aller in der Wohnung vorhandenen Möbelstücke erforderlich. Sobald die Wohnung wieder bewohnbar sei, müsse die Wohnung vollständig neu möbliert werden. Auch eine Grundausstattung an neuer Bekleidung werde erforderlich sein. Der Betreuer beantragte die Gewährung entsprechender Erstausstattungen sowie die finanziellen Mittel, welche zum Transport der Möbelstücke erforderlich seien.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2011 (Bl. 658 der Verwaltungsakte) wies der Vermieter des Klägers den Betreuer des Klägers darauf hin, dass der Kläger nach der schriftlichen Mitteilung vom 2. November 2010 über einen Ungezieferbefall in seiner Wohnung trotz mehrmaliger telefonischer Ankündigungen bisher nicht vorübergehend aus der Wohnung ausgezogen sei, so dass bislang noch keine Schädlingsbekämpfung habe durchgeführt werden können.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2011 (Bl. 390 der Verwaltungsakte) erinnerte der Betreuer den Beklagten an seinen mit Schreiben vom 30. Dezember 2010 gestellten Antrag. Mit Bescheid vom 9. Februar 2011 (Bl. 393 der Verwaltungsakte) lehnte der Beklagte die Gewährung entsprechender Erstausstattungen ab. Nach § 23 Abs. 3 SGB II könne keine Erstausstattung gewährt werden, da es sich um eine Ersatzbeschaffung gehandelt habe. Es könne lediglich eine darlehensweise Gewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II geprüft werden. Dafür seien ein Darlehensantrag und eine genaue Aufstellung der Dinge, die benötigt würden, notwendig. Gegen diesen Bescheid legte der Betreuer des Klägers mit Schreiben vom 14. Februar 2011 (Bl. 403 der Verwaltungsakte) Widerspruch ein. Eine Erstausstattung sei in diesem Fall als Sonderbedarf zu gewähren, da ein Totalverlust der bisherigen Einrichtung vorliege. Da die vorhandene Einrichtung nicht mehr zu erhalten gewesen wäre, habe der Antrag nicht abgelehnt werden dürfen. Ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren des Klägers vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main und dem Hessischen Landessozialgericht blieb ohne Erfolg (L 7 AS 184/11 B ER).
Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 (Bl. 417 der Verwaltungsakte) beantragte der Betreuer des Klägers beim Beklagten die Gewährung eines Darlehens für ein Bettgestell mit Lattenrost und neuer Matratze (1), für eine B...