Entscheidungsstichwort (Thema)
Überbrückungsgeldanspruch. Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Ausland. Inlandswohnsitz nicht maßgeblich. rechtswidrige Ablehnung der Förderung durch die BA. Aufgabe des Gewerbes. gerichtlicher Rechtsschutz. fachkundige Stelle
Leitsatz (amtlich)
1. Auch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Ausland kann zu einem Anspruch auf Überbrückungsgeld führen; dabei dürfte es auf das Fortbestehen eines Wohnsitzes im Inland nicht ankommen. Mit einer Inlands- wie mit einer Auslandsgründung und unabhängig vom Wohnsitz ist regelmäßig das Ausscheiden aus dem Pflichtversicherungssystem der deutschen Sozialversicherung verbunden, so dass ein ausschließlich in der Vergangenheit liegender Bezug zur Versichertengemeinschaft für die Gewährung von Überbrückungsgeld maßgeblich ist.
2. Die Bundesagentur für Arbeit kann sich, wenn sie einen Antrag auf Überbrückungsgeld zu Unrecht abgelehnt hat, später nicht darauf berufen, dass der Leistungsberechtigte zwischenzeitlich das Gewerbe wieder aufgegeben hat.
Orientierungssatz
Auch Steuer- und Unternehmensberater kommen als fachkundige Stelle iS von § 57 Abs 2 Nr 2 SGB 3 in Betracht.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Februar 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2005 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Überbrückungsgeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1. September 2005 bis 28. Februar 2006 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Überbrückungsgeld im Hinblick auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in Österreich.
Der 1966 geborene Kläger ist Diplom-Betriebswirt. Er beantragte, nachdem er am 19. März 2005 arbeitslos geworden und ihm Arbeitslosengeld bewilligt worden war, am 16. Juni 2005 die Gewährung von Überbrückungsgeld für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 1. September 2005 als Gastronom - Übernahme der Pizzeria “B.„ - in C-Stadt, Österreich. Dazu reichte er eine von D. unter dem 31. August 2005 gezeichnete positive Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Existenzgründung ein. Dieser erläuterte ergänzend in einem Schreiben vom 26. September 2005, er sei seit April 2005 als Unternehmensberater bei der E. Wirtschaftskammer gemeldet und von der Bezirkshauptmannschaft C. im C-Kreis sei ihm entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ein Gewerbeschein lautend auf “Unternehmensberater einschl. der Unternehmensorganisation„ ausgestellt worden. Er bestätige, dass er den vom Kläger erstellten Businessplan überprüft habe und dieser zur Vorlage bei Banken und Förderstellen geeignet sei. Auf den Businessplan (Akte der Beklagten - Aktenteil Übergangsgeld - Bl. 7-25) wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen. Zudem bestätigte das Finanzamt F., nachdem die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen hatte, die Selbständigkeit müsse in der Bundesrepublik Deutschland “steuerlich verankert„ sein, mit Schreiben vom 28. September 2005, dass er dort “steuerlich erfasst„ sei.
Am 1. September 2005 meldete der Kläger sein Gewerbe bei der Bezirkshauptmannschaft C. im C-Kreis an und nahm die Tätigkeit auf. Dabei behielt er die gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnte Wohnung in A-Stadt bei.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Überbrückungsgeld ab, da nur selbständige Tätigkeiten im Geltungsbereich des SGB III gefördert werden könnten. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld hob sie durch Bescheid vom 3. November 2005 rückwirkend ab 1. September 2005 wegen des Wegfalls der Arbeitslosigkeit auf.
Unter dem 4. November 2005 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Oktober 2005 ein. Nachdem die Beklagte diesen durch Widerspruchsbescheid vom 17. November 2005 zurückgewiesen hatte, hat er am 30. November 2005 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben.
Im Sommer 2006 hat der Kläger das Gewerbe aufgegeben. Am 12. Juli 2006 hat er sich sodann erneut arbeitslos gemeldet und bis zur Aufnahme einer Beschäftigung ab 9. Oktober 2006 wiederum Arbeitslosengeld erhalten (Bescheid vom 24. Juli 2006).
Zur Begründung seiner Klage hat er darauf verwiesen, dass sein Hauptwohnsitz nach wie vor in Deutschland gewesen sei und er die Gewinne ebenfalls in Deutschland versteuert habe. Auch sei er von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass das Überbrückungsgeld nicht gewährt werden könne, obwohl diese von Anfang gewusst habe, dass er sich in Österreich habe niederlassen wollen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 4. Februar 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, durch Überbrückungsgeld werde nach der Dienstanweisung der Beklagten - der zwar keine Gesetzeskraft zukomme, die aber dennoch schon aus Gründen der G...