Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittel. Silikon-Fingerprothese. unmittelbarer Behinderungsausgleich. Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots
Orientierungssatz
Bei einer Silikon-Fingerprothese handelt es sich um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich iS von § 33 Abs 1 S 1 Alt 3 SGB 5. Dieser Anspruch unterliegt jedoch dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 S 1 SGB 5. Dem folgend umfasst auch der unmittelbare Behinderungsausgleich in Form eines Körperersatzstücks stets keine optimale Versorgung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einer Silikon-Fingerprothese für den Zeigefinger ihrer rechten Hand streitig. Es handelt sich hierbei um ein individuell angefertigtes Hilfsmittel, das nach Form und Farbe des Fingernagels, Hautfältelung, Behaarung und Hautfarbe sehr naturgetreu gestaltet wird.
Die Klägerin, geboren im Jahr 1966, ist bei der Beklagten krankenversichert. Bei ihr besteht ein Zustand nach Verlust des Endgliedes des Zeigefingers der rechten Hand.
Sie beantragte am 2. Februar 2011 über das Sanitätshaus C. AG bei der Beklagten die Übernahme der Kosten des streitigen Hilfsmittels unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Orthopäden Dr. D. vom 17. Januar 2011 und eines Kostenvoranschlages vom 28. Januar 2011 die Übernahme der Kosten in Höhe von 3.513,77 €. Dazu wurde ausgeführt, die Klägerin möchte Bassspielen lernen und werde zudem aufgrund fehlender Griffmöglichkeiten bei der Ausübung ihres Hobbies “Modellbau„ stark behindert. Auch sei sie bei der Bedienung der Tastatur und der Maus ihres Computers am Arbeitsplatz und zu Hause stark eingeschränkt. Sie vermeide das freizeitliche Ausgehen aus Angst, sie werde verspottet. Dies sei bereits beim Einkaufen und anderen Verrichtungen des täglichen Lebens in der Öffentlichkeit geschehen. Da sie sich zum beruflichen Fortkommen bewerben möchte, stelle das äußere Erscheinungsbild im Erstkontakt eine Grundvoraussetzung für einen Erfolg dar. Der Volumenverlust sei beim Händeschütteln deutlich spürbar, die Stumpfspitze empfindlich und schmerzhaft wegen des fehlenden Schutzes beim Greifen von Gegenständen.
Die Beklagte holte daraufhin bei dem Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Hessen ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage vom 28. März 2011 ein. In dieser riet der MDK, die Kosten des beantragten Hilfsmittels nicht zu übernehmen. Mit Bescheid vom 11. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, es liege bei der Klägerin keine medizinische Indikation für eine Versorgung mit einer Silikon-Fingerepithese vor. Ein Funktionsgewinn könne durch das beantragte Hilfsmittel nicht erreicht werden. Die Greiffähigkeit, die Beweglichkeit der Fingergelenke und auch die weiteren Funktionen (z. B. Halten eines Stiftes) der Hand seien vorhanden. Eine eventuelle Druckschmerzhaftigkeit am Stumpfende könne durch Verbandsmaterial oder eine Schutzkappe vermindert werden. Nach der Rechtsprechung (Bundessozialgericht, Beschluss vom 3. Dezember 2008, Az. B 3 KR 26/08 B; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Juni 2008, Az. L 8 KR 171/07) bestehe keine Leistungspflicht der Beklagten zur Versorgung mit der beantragten Hilfsmittel. Es bestehe keine Leistungspflicht der Krankenkassen, wenn allenfalls geringfügige Verbesserungen ein unverhältnismäßiger Mehraufwand gegenüberstehe. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bestehe bei einem mittelbaren Behinderungsausgleich - wie vorliegend - nicht, wenn der Behinderungsausgleich die berufliche oder die gesellschaftliche Ebene sowie den Freizeitbereich betreffe.
Dagegen hat die Klägerin am 21. September 2011 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben, mit dem Ziel, die Beklagte zur Kostenübernahme zu verurteilen. Dazu hat sie vorgetragen, sie könne diffizile Griffe im Alltagsleben und in ihrer Freizeit (Modellbau und Bassspielen) nicht mehr ausführen und verspüre beim Greifen von Gegenständen Schmerzen in der Stumpfspitze sowie beim Anstoßen an Gegenstände. Dem gegenüber sei mit dem beantragten Hilfsmittel ein fester und sicherer Griff möglich. Auch sei sie in ihrem privaten Umfeld und auch während ihrer Berufstätigkeit ständig Blicken anderer Menschen ausgesetzt. Ihre Behinderung sei offensichtlich und für jedermann auf den 1. Blick erkennbar.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 5. Dezember 2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Silik...