Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsentgelt. Teilzeitbeschäftigung. Studium
Leitsatz (amtlich)
Wird während des Studiums eine Halbtagsbeschäftigung (hier 20 Stunden) ausgeübt, so bleibt diese für die Berechnung des Arbeitslosengeldes auch dann maßgeblich, wenn der Arbeitslose bei Antragstellung nach der zwischenzeitlichen Beendigung seines Studiums bereit ist, ganztags zu arbeiten, und eine der Sonderregelungen nach § 112 Abs. 5 AFG nicht eingreift. Ist die Halbtagsbeschäftigung zudem für den Zeitraum der maßgeblichen Rahmenfrist (§ 104 AFG) kennzeichnend, kann allein aufgrund der Tatsache der Beendigung des Studiums und einer weitergehenden Arbeitsbereitschaft ein Anspruch nicht auf § 112 Abs. 7 AFG gestützt werden. Weitergehende Rechte folgen auch nicht aus einem Umkehrschluß aus der Regelung des § 112 Abs. 8 AFG.
Normenkette
AFG § 112 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 7 i.d.F. vom 25.6.1969 BGBl. I. S. 582, Abs. 5, 8 i.d.F. 12.12.1977 (BGBl. I S. 2557, 3187)
Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 01.03.1979; Aktenzeichen S-5/Ar - 110/78) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 1. März 1979 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger zu gewährenden Arbeitslosengeldes – Alg –.
Der Kläger studierte vom Wintersemester 1974 bis zum Wintersemester 1977 an der Fachhochschule F. – Fachbereich Sozialpädagogik –. Er bestand am 2. Februar 1978 das Examen als Sozialpädagoge. In der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis 31. Juli 1975 war er als Aushilfsangestellter bei der Stadt F. beschäftigt und zwar in der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis 30. September 1974 21 Stunden wöchentlich sowie bis zum 31. Juli 1975 20 Stunden wöchentlich. Im Lohnabrechnungszeitraum Juli 1975 betrug das Monatsentgelt ausweislich der Arbeitsbescheinigung 814,82 DM.
Am 3. Februar 1978 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt G., Dienststelle F., arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg; dieses gewährte die Beklagte unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgeltes von 814,82 DM bei einem dynamisierten Bemessungsentgelt von 230,– DM wöchentlich in Höhe von 117,– DM. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 1978 zurück.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 16. Mai 1978 Klage erhoben.
Während des Klageverfahrens beantragte er die Gewährung von Arbeitslosenhilfe – Alhi – im Anschluß an den Bezug von Alg, die die Beklagte gleichfalls unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 230,– DM ab 5. Mai 1978 bewilligte (Bescheid vom 22. Mai 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 1978); die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Gießen – Az: S-5/Ar 161/78 – mit Urteil vom 13. Dezember 1979 abgewiesen.
Der Kläger hat vorgetragen, ihm stehe ein höheres Alg zu, da er während seines Studiums – zuletzt – nur 20 Stunden wöchentlich habe arbeiten können, nunmehr jedoch der Arbeitsvermittlung ganztags zur Verfügung stehe. Deshalb sei statt des der Berechnung zugrunde gelegten Bemessungsentgelts von 230,– DM ein solches von 460,– DM – entsprechend 40 Arbeitsstunden – zugrunde zu legen. Zudem müsse die Beklagte nach bestandenem Examen als Sozialpädagoge von diesem Beruf bezüglich des erzielbaren Arbeitsentgeltes ausgehen.
Das Sozialgericht Gießen hat die Klage mit Urteil vom 1. März 1979 abgewiesen; es hat die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es angeführt, die Beklagte sei bei der Berechnung des Bemessungsentgelts zu Recht von einer Wochenstundenzahl von 20 ausgegangen. Maßgebliches Arbeitsentgelt sei das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergebe (§ 112 Abs. 2 AFG). Im letzten maßgeblichen Abrechnungszeitraum, nämlich im Juni 1975, habe die vereinbarte Arbeitszeit 20 Stunden betragen; diese stelle die maßgebliche tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit dar. Ein Anspruch des Klägers auf höheres Arbeitslosengeld folge auch nicht aus der Regelung des § 112 Abs. 7 AFG, da diese den Zweck verfolge, einen sozial gerechten Lohnersatz für den Fall zu erreichen, daß in den letzten 3 Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ein Arbeitsentgelt erzielt worden sei, das höher als das Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum sei. Eine solche Fallgestaltung liege bei dem Kläger jedoch nicht vor. Schließlich könne der Kläger die Verdoppelung des Bemessungsentgelts auch nicht aus einem Umkehrschluß der Vorschrift des § 112 Abs. 8 AFG herleiten, wonach bei einer Minderung der Leistungsfähigkeit auf das tatsächliche Leistungsvermögen abgestellt werde. Für einen solchen Umkehrschluß ...