Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Rechtmäßigkeit von Bemessungsgrundlagenbescheiden. Bindung der Vertragsparteien eines Honorarverteilungsvertrages an Vorgaben des Bewertungsausschusses. Rechtmäßigkeit der Ausnahme von ärztlichen Berichten, Arztbriefen, Gebühren für Mehrfertigungen von den Regelleistungsvolumina. Rechtmäßigkeit einer Ausgleichsregelung zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen für besonders ertragreiche Praxen
Orientierungssatz
1. Der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 93. Sitzung am 29.10.2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumina durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gem § 85 Abs 4 SGB 5 mit Wirkung vom 1.1.2005 (DÄ 2004, A 3129) ist rechtmäßig, hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und wahrt die Grenzen des bestehenden Gestaltungsspielraums (Fortführung von LSG Darmstadt vom 23.4.2008 - L 4 KA 69/07).
2. Auch die Herausnahme der Leistungen nach den Nrn 01600, 01601 und 01602 EBM-Ä 2005 aus den Regelleistungsvolumina und ihre Zuordnung zum Leistungsbereich 4.1, dessen Leistungen aus dem Arztgruppentopf zu vergüten sind, ist mit höherrangigem Recht vereinbar (Fortführung von LSG Darmstadt vom 23.4.2008 - aaO).
3. Zur Rechtmäßigkeit einer Ausgleichsregelung zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen im Rahmen eines Honorarverteilungsvertrages, soweit sie besonders ertragreiche Praxen betrifft.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 22. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Honorarhöhe in den Quartalen III und IV/05, insbesondere die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung der Leistungen nach Nrn. 01600, 01601 und 01602 EBM 2005 (ärztliche Berichte, Arztbriefe, Gebühren für Mehrfertigungen) in das Regelleistungsvolumen sowie einer Honorarkürzung nach Ziff. 7.5 HVV.
Der Kläger ist zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in F zugelassen. Er nimmt als Internist an der fachärztlichen Versorgung teil.
Nach dem Honorarbescheid vom 12. August 2006 betrug das Nettohonorar des Klägers im Quartal III/05 35.885,72 € bei einem angeforderten Honorarvolumen auf der Basis des EBM 2005 von 62.832,20 € (oberer Punktwert der Allgemeinen Leistungen im Rahmen des Regelleistungsvolumens PK/EK 2,796/3,103 Cent). Der Punktwert für die Leistung nach Nr. 13421 EBM 2005 - koloskopischer Komplex - betrug 2,796/3,103 Cent (PK/EK). Eine fallzahlabhängige Quotierung gemäß Ziff. 5.2.1 HVV wurde im Quartal III/05 nicht durchgeführt. Das abgerechnete Honorarvolumen in Punkten überschritt das praxisbezogene Regelleistungsvolumen um 147.902,5 Punkte (31,1%). Eine Honorarkürzung nach Ziff. 7.5 HVV fand nicht statt.
Nach dem Honorarbescheid vom 28. November 2006 betrug das Nettohonorar des Klägers 51.528,91 € im Quartal IV/05 bei einem angeforderten Honorarvolumen auf der Basis des EBM 2005 von 80.993,10 € (oberer Punktwert der Allgemeinen Leistungen im Rahmen des Regelleistungsvolumens PK/EK 3,038/3,663 Cent). Der Punktwert für die Leistung nach Nr. 13421 EBM 2005 betrug 4,135/4,444 Cent (PK/EK). Auch im Quartal IV/05 wurde keine fallzahlabhängige Quotierung gemäß Ziff. 5.2.1 HVV durchgeführt. Das abgerechnete Honorarvolumen in Punkten überschritt das praxisbezogene Regelleistungsvolumen um 243.187 Punkte (Überschreitung um 40,2%). Das Honorar wurde gemäß Ziff. 7.5 in Höhe von 121,34 € gekürzt.
Der Kläger legte jeweils Widerspruch gegen die vorgenannten Bescheide ein und hielt die Vergütungsstruktur des EBM 2005 für rechtswidrig. Die Ermittlung der Fallpunktzahlen sei nicht nachvollziehbar und fehlerhaft. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe würden innerhalb des Regelleistungsvolumens keine festen Punktwerte vergütet, es werde nach dem - rechtwidrigen - HVV nicht der Punktwert von 5,11 Cent, auf dessen Grundlage die Version des EBM 2005 betriebswirtschaftlich kalkuliert sei, ausbezahlt. Eine angemessene Honorierung seiner Leistungen erfolge nicht. Ferner widerspreche die Quotierung der kurativen Koloskopien der Bundesempfehlung, wonach die hohe Koloskopie außerhalb der Regelleistungsvolumina mit einem festen Punktwert im Honorarbereich 4.1 zu vergüten sei. Unzulässig sei es, eine Leistung zu quotieren, wenn zum Zeitpunkt der Erbringung die Quotierung noch nicht bekannt gewesen sei. Die kurative Koloskopie werde in unterschiedlichen Fachgruppen unterschiedlich honoriert. Die Honorarberechnung beziehe sich auf Ausgangsdaten des Quartals II/04, obwohl dies nach den gesetzlichen Vorgaben nicht zulässig sei. Eine Rechtsgrundlage, welche den Bewertungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigungen dazu ermächtige, die bisherige Honorarverteilungssystematik bis zum 31. Dezember 2005 aufrecht zu erhalten, sei nicht erkennbar.
Die Beklagte wies die Widersprüche des Kläg...