Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnarzt. Erklärung. Krankenkasse. Genehmigung einer kieferorthopädischen Leistung unter Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung. allgemeiner Hinweis auf Rechtslage
Orientierungssatz
Die Erklärung einer Krankenkasse, dass die Genehmigung einer kieferorthopädischen Leistung unter dem Vorbehalt der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung steht, könne ungeachtet möglicherweise verbundener anderweitiger Motive und Vorstellungen objektiv lediglich als ein allgemeiner Hinweis auf die Rechtslage ohne rechtlich erheblichen Inhalt verstanden werden.
Normenkette
SGB V § 106 Abs. 2, 2a; SGB X § 32 Abs. 1, § 31
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 4. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens. Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 15.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Bescheidung seiner Widersprüche gegen die seitens der Beklagten erfolgten Genehmigungen seiner Reparaturanträge bzw. Therapieänderungen unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Der Kläger ist als Zahnarzt für Kieferorthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Am 13. August 2009 wandte sich der Kläger im kieferorthopädischen Behandlungsfall der Patientin QW. an die Beklagte zu 1) und teilte mit, da verschiedene Krankenkassen zunehmend dazu übergingen, Reparaturen wegen Unwirtschaftlichkeit nicht mehr zu bezahlen und hierbei unterschiedliche Regelungen anwendeten, z. B. eine nachträgliche Begutachtung veranlassten, teile er mit, dass die Behandlung wegen auszuführender Reparaturen heute unplanmäßig verlaufen sei. Verschiedene - näher bezeichnete - Reparaturen (Kleben von Brackets unter Entfernen und Wiedereinsetzen des Bogens) seien notwendig. Die Genehmigung werde beantragt. Hierauf reagierte die Beklagte zu 1) am 17. August 2009 mit einem auf dem Antragsschreiben handschriftlich angebrachten und mit Kassenstempel versehenen Vermerk: “Die Genehmigung erfolgt unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung!„ Gegen diesen Vorbehalt erhob der Kläger am 18. August 2009 Widerspruch.
Mit zwei - mit dem Schreiben an die Beklagte zu 1) weitgehend gleichlautenden - Schreiben vom 1./26. Oktober 2009 wandte sich der Kläger in dem kieferorthopädischen Behandlungsfall seines Patienten WE. an die Beklagte zu 2) und beantragte ebenfalls die Genehmigung von Reparaturen (Kleben von Brackets unter Entfernung und Wiedereinsetzen der Bögen). Die Beklagte genehmigte diese Reparaturen mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 “unter Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung„. Auch hier erhob der Kläger - am 30. Oktober 2009 - Widerspruch.
Im Verfahren gegen die Beklagte zu 3) zeigte der Kläger der Krankenkasse am 11. Juli 2009 für die Patienten ER. und TR. eine Behandlungsübernahme an und beantragte eine Therapieänderung, die u. a. eine Entfernung sämtlicher Brackets und deren Ersetzung durch Staight-Wire-Brackets vorsah. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18. September 2009 mit, den beantragten Therapieänderungen werde unter Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zugestimmt. Der Kläger erhob dagegen am 24. September 2009 Widerspruch.
Der Kläger hat am 23. Juni 2010 beim Sozialgericht Gießen gegen die Beklagten zu 1) bis 3) Klage erhoben. Das Sozialgericht Gießen hat alle drei Verfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe in allen Fällen gegen den ihn persönlich betreffenden Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung Widerspruch erhoben, die Beklagten seien jedoch untätig geblieben. Der Zweck des Antrags sei es gerade, die Wirtschaftlichkeit der Reparatur bzw. des Änderungsantrags feststellen zu lassen. Der Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei rechtswidrig. Um Schaden von seinem Vermögen abzuwenden, weigere er sich, die Reparaturen auszuführen. Gegenstand des Verfahrens sei nur die Rechtswidrigkeit des Vermerks.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Auffassung vertreten, ein für den Kläger widerspruchsfähiger Bescheid sei nicht ergangen. Die Entscheidung entfalte Wirkung nur gegenüber dem Versicherten. Diese hätten keinen Widerspruchsbescheid erbeten. Es liege in der Natur der Sache, dass ein komplexer kieferorthopädischer Behandlungsfall in seiner Gesamtheit erst nach Abschluss hinreichend gewürdigt werden könne. Da eine Kostenzusage insbesondere bei Nachanträgen den Anspruch auf eine nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Marburg ausschließe, sehe sie sich in besonders gelagerten Fällen veranlasst, eine Einschränkung auf Nachanträgen anzubringen. Bei dem Kläger machten sie seit Jahren die Erfahrung, d...