Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Berufung gegen das eine Untätigkeitsklage abweisende Urteil

 

Orientierungssatz

Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Alt. SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, die den Erlass eines auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsaktes betreffen. Erreicht der Streitgegenstand nicht den Beschwerdewert von 750.- €. und betrifft er keine wiederkehrenden oder laufenden Geldleistungen für mehr als ein Jahr, so ist die Berufung gegen das ergangene Urteil unzulässig.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 7. Oktober 2013 wird als unzulässig verworfen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Verzinsung einer Mietkaution im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X).

Die Klägerin zog im Jahr 2004 von B-Stadt nach D-Stadt und bezog dort in der D-Straße eine gemeinsame Wohnung mit ihrer Tochter C. A. Sie bezog zunächst Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) von der Beklagten.

Auf den Antrag der Klägerin aus dem November 2004 gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 24. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2005 ein Darlehen für die Mietkaution. In dem sich dagegen gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Wiesbaden (S 19 AS 131/05) begehrte die Klägerin die Mietkaution als Beihilfe anstatt als Darlehen. Nachdem das Sozialgericht die Klage abgewiesen hatte, schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 28. April 2008 vor dem Landessozialgericht im Berufungsverfahren (L 9 AS 1/07) hinsichtlich der Mietkaution einen gerichtlichen Vergleich, wonach die Beklagte der Klägerin ein zinsloses Darlehen für die Mietkaution in Höhe von 1.176,00 Euro ohne monatliche Tilgungsverpflichtung gewährte und die Klägerin im Gegenzug ihre Forderung gegen den Vermieter an die Beklagte abtrat. Am 29. September 2009 zahlte die Beklagte in Umsetzung des Vergleichs die Mietkautionssumme an den Vermieter der Klägerin aus.

Am 22. Dezember 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung des Bescheides vom 24. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2005 nach § 44 SGB X und begehrte die Gewährung von Zinsen wegen der Einbehaltung der Kautionsleistung. Ihre Tochter habe im Zeitraum vom 15. März 2004 bis zum 31. Januar 2005 den hälftigen Anteil ihrer Mietkaution und ab dem 1. Februar 2005 - nach deren Auszug aus der gemeinsamen Wohnung - bis zum 29. September 2008 die gesamte Mietkaution für sie (die Klägerin) durch Inanspruchnahme eines Privatdarlehens tragen müssen. Die ihrer Tochter dadurch entstandenen Zinsaufwendungen von mindestens 7,7 % verlange sie von der Beklagten.

Am 24. Januar 2011 hat die Klägerin Untätigkeitsklage hinsichtlich des Überprüfungsantrages vom 22. Dezember 2009 gestellt sowie klageerweiternd eine Feststellungsklage erhoben.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2011 hat die Beklagte über den Überprüfungsantrag vom 22. Dezember 2009 entschieden und die von der Klägerin begehrte Rücknahme der "Bescheide vom 24.05.2005 und 11.07.2005" (Zitat) abgelehnt. Ein Anspruch auf Verzinsung des Kautionsbetrages, ohne Prüfung des Anspruchsinhabers, sei nicht erkennbar. Die falsche Bezeichnung des Ausgangsbescheides (24. Mai statt 24. Februar) hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. Mai 2011 als bedauerlichen Schreibfehler erklärt und klargestellt, dass der Überprüfung der Bescheid vom 24. Februar 2005 zugrunde gelegen habe.

Mit Schriftsatz vom 2. März 2011 hat die Klägerin ihre Klage aufrechterhalten unter Hinweis auf die Feststellungsklage und § 54 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Daraufhin hat das Sozialgericht die Untätigkeitsklage mit Beschluss vom 3. November 2011 abgetrennt und die Beklagte um Überprüfung gebeten, ob der Schriftsatz der Klägerin vom 2. März 2011 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Februar auszulegen und der Widerspruch zu bescheiden sei. Die Klägerin hat sich gegen die Abtrennung der Untätigkeitsklage gewandt und mit Schriftsätzen vom 25. und 27. November 2011 mitgeteilt, dass es sich bei ihrem Schriftsatz vom 2. März 2011 um keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Februar 2011 handele. Daraufhin hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 14. März 2012 die getrennten Verfahren verbunden und die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 SGG angehört.

Mit Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2013 (S 5 AS 835/11) hat das Sozialgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der Klägerin erhobene Untätigkeitsklage unzulässig geworden sei. Die Beklagte habe dem Überprüfungs...

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