Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Vergütung einer vom Krankenhaus stationär durchgeführten aufwändigen intensivmedizinischen Komplexbehandlung entsprechend Kode OPS 8-98 f
Orientierungssatz
1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten gegenüber dessen Krankenkasse bestimmt sich gemäß §§ 109 Abs. 4 S. 3 SGB 5, 7 S. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b KHG nach dem Fallpauschalenkatalog und der zutreffenden Kodierung.
2. Die Kodierung des OPS-Kodes 8-98 f für eine aufwändige intensivmedizinische Komplexbehandlung setzt u. a. voraus, dass das Krankenhaus die Voraussetzungen einer 24-stündigen Verfügbarkeit der darin benannten Verfahren im eigenen Haus besitzt.
3. Eine Aufrufbarkeit des behandelnden Arztes mit einer zeitlichen Verzögerung von 30 Minuten kann mit der nach dem OPS-Kode 8-98 f erforderlichen 24-stündigen Verfügbarkeit nicht gleichgesetzt werden.
4. Sind die mit der radiologischen Diagnostik betrauten Ärzte nicht im Krankenhaus selbst beschäftigt, so handelt es sich nicht um das erforderliche Verfahren im eigenen Klinikum gemäß dem Wortlaut des OPS 8-98 f. Eine Vergütung der geltend gemachten aufwändigen intensivmedizinischen Komplexbehandlung entsprechend OPS 8-98 f ist dann ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 5. November 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird endgültig auf 3.324,54 € festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht die Vergütung der stationären Behandlung der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten C. C. (C.) vom 20. März bis 10. April 2017 in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus in A-Stadt.
Hierfür wurde der Beklagten von der Klägerin am 20. April 2017 unter anderem auf der Grundlage der Fallpauschale (Diagnosis Related Groups - DRG) A13F (Beatmung mehr als 95 Stunden, ohne bestimmte OR-Prozedur, ohne komplizierte Konstellation, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung), welche aus der Kodierung des u.a. in Ansatz gebrachten Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-98f.11 (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung [Basisprozedur]…) resultierte, ein Gesamtbetrag von insgesamt 19.350,71 € in Rechnung gestellt. Der Rechnungsbetrag wurde von der Beklagten zunächst vollumfänglich beglichen.
Am 4. Mai 2017 wurde im Auftrag einer anderen Krankenkasse ein Gutachten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu den strukturellen Mindestanforderungen des OPS-Kodes 8-98f auf der Grundlage einer Prüfung im Krankenhaus der Beklagten am 12. April 2017 erstattet. Danach sei dort das Mindestmerkmal des OPS-Kodes 8-98f „24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum: …Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT“ nicht erfüllt. Diesbezüglich sei im Gebäude des Krankenhauses die überörtliche radiologische Gemeinschaftspraxis D. ansässig, die für das Krankenhaus die radiologische Diagnostik erbringe. Bereits am 17. September 2013 habe das DIMDI (Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information) auf eine frühere Anfrage u.a. hinsichtlich des Verfahrens der radiologischen Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT mitgeteilt, dass diese Bedingung des OPS-Kodes nicht durch eine Kooperation mit anderen Kliniken gewährleistet werden könne. Zur Klärung der Frage, ob die im Wortlaut des OPS 8-98f aufgezählten diagnostischen und therapeutischen Leistungen im Rahmen der Komplexbehandlung auch anzurechnen seien, wenn "im eigenen Klinikum" keine eigene Fachabteilung oder Funktionsabteilung bestehe, habe man am 20. Mai 2016 nochmals eine Anfrage an das DIMDI gestellt und von diesem als Antwort erhalten, dass das entsprechende Mindestmerkmal der radiologische Diagnostik nicht erfüllt sei, wenn die Praxis oder ein MVZ rechtlich nicht direkt zum eigenen Klinikum gehöre. Da diese Mitteilung bezüglich an einer Klinik ansässiger Praxen bzw. MVZ nicht eindeutig gewesen sei, habe sich der MDK aktuell erneut an das DIMDI gewandt und am 19. April 2017 die Antwort erhalten, dass die 24-stündige Verfügbarkeit "im eigenen Klinikum" voraussetze, dass die dort aufgeführten Verfahren auch organisatorisch zu dem Klinikum gehörten und eine radiologische Praxis in einem Klinikum diese Bedingungen nicht erfülle. Insoweit seien am Standort A-Stadt der Klägerin die strukturellen Mindestanforderungen zur Kodierung des OPS-Kodes 8-98f seit dem 1. Januar 2016 nicht erfüllt.
Mit Zahlungsavis vom 27. Juni 2017 verrechnete die Beklagte einen Teilbetrag i.H.v. 3.324,54 € mit unstreitigen, anderweitigen Vergütungsforderungen der Klägerin, so dass von dem ursprünglichen Rechnungsbetrag i.H.v. 19.350,71 € lediglich ein Teilbetrag in Höhe von 16.026,17 € beglichen wurde.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Kassel vom 13. Oktober 2017. ...