Entscheidungsstichwort (Thema)
Untersuchungsgrundsatz. Amtsermittlung. Bescheidungsurteil. Gewaltenteilung. Verfahrensfehler. Verordnungsdaten. Erweiterte Arzneimitteldatei. Verordnungsunterlagen. Streitwert
Leitsatz (redaktionell)
Das Gericht kann sich auch im Bereich der gebundenen Verwaltung auf ein Bescheidungsurteil beschränken, wenn der Kläger dies beantragt oder wenn noch weitere Ermittlungen oder Berechnungen notwendig sind, die zweckmäßiger durch die besser dafür ausgerüstete Verwaltung auszuführen sind.
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Darmstadt vom 23.5.2007 - L 4 KA 31/06, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGG § 103; SGB V § 295 Abs. 3 Nr. 5, § 296 Abs. 3-4; SGB X § 20 Abs. 1-2, § 41 Abs. 2; GKG § 63 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits auch im zweiten Rechtszug zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 2.099,86 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Arzneikostenregress im Wege der statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten und ergänzender Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung für das Quartal I/99 in Höhe von noch 4.199,72 €.
Der Kläger ist als Praktischer Arzt seit 9. Oktober 1979 zur vertragsärztlichen Versorgung im Raum GG. zugelassen. Im streitbefangenen Quartal lag die Fallzahl seiner Praxis fast beim Doppelten (+94,87%) der Durchschnittsfallzahl der Praxen der Vergleichsgruppe der Ärzte für Allgemeinmedizin / Praktischen Ärzte in Hessen. Der Anteil der versicherten Rentner lag leicht unter dem Durchschnitt (-3,57%), ebenso die Honoraranforderungen je Fall (-7%). Bei den zugeordneten Arzneikosten überschritt der Kläger den Durchschnitt der Vergleichsgruppe um 44% (+47,70 DM).
Beim Sprechstundenbedarf wurde der Durchschnitt unterschritten (-28%), bei den Krankenhauseinweisungen (Primärkassen) lag die Praxis des Klägers teils über und teils unter den Durchschnittswerten.
Die Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten mit dem am 28. März 2000 eingegangenen Schreiben vom 23. März 2000 die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Arzneiverordnungsweise nach Durchschnittswerten für das Quartal I/99. Dem Prüfungsausschuss lag für die Vergleichsprüfung eine Verordnungsübersicht über die beim Kläger pro Fall und Quartal durchschnittlich entstandenen Kosten für Arzneimittelverordnungen vor, aus der sich allerdings weder die Zahl noch die Bruttowerte der je Versichertengruppe von dem Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel unter jeweiliger Angabe von deren Handelsname, Darreichungsform, Wirkstoffstärke und Packungsgröße ergaben. Ferner lagen dem Prüfungsausschuss Übersichten über die statistischen Daten der Ärzte für Allgemeinmedizin in Hessen sowie die Anzahl- und Summenstatistik der Beigeladenen zu 1. bezüglich der klägerischen Praxis für das geprüfte Quartal vor. Außerdem wurden nicht näher bezeichnete “EDV-Ausdrucke„ und “Rezepte„ der Beigeladenen zu 2) und 4) mit dem Vermerk “Vollständigkeit unter Vorbehalt„ beigezogen. Mit Prüfungsbescheid vom 10. Mai 2001 setzte der Prüfungsausschuss wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise für das Quartal I/99 einen Regress in Höhe von 9.126,60 DM (2173 Fälle zu je 5 DM) fest, wobei dem Kläger Überschreitungen gegenüber dem Durchschnitt in Höhe von 34% belassen und Apothekenrabatt- und Patientenzuzahlungsbeträge mit einem Abschlag von 16% pauschal berücksichtigt wurden. Ferner war ein besonders kostenintensiver Fall mit ca. 12.500,00 DM gesondert berücksichtigt worden, wodurch die Überschreitung gegenüber dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe beim Kläger nur noch bei +39% lag. Kompensatorische Einsparungen wurden nicht anerkannt. Besonders wies der Prüfungsausschuss auf Einsparmöglichkeiten bei der Verordnung von Originalpräparaten und Venensalben hin.
Hiergegen legte der Kläger unter Hinweis auf kompensatorische Einsparungen, insbesondere bei Krankenhauseinweisungen, die aber bei isolierter Betrachtung nur eines Quartals nicht evident seien, Widerspruch ein.
Der Beklagte beauftragte sein Mitglied, den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. A., mit einer ergänzenden Einzelfallprüfung anhand von 10% der Gesamtfälle (224 Fälle der AOK Hessen und der DAK) aus dem streitigen Quartal. Der Prüfarzt errechnete wegen Verstößen gegen die Arzneimittelrichtlinien, fehlendem Bezug zwischen Arznei und Diagnose (vermutete Selbstmedikation) und polypragmatischem Verhalten bei der Therapie eines Ekzems Einsparmöglichkeiten i.H.v. 1.249,92 DM und damit hochgerechnet auf 100% 12.499,20 DM. Zuzüglich der Einsparpotentiale in den nicht hochgerechneten besonders schweren Fällen i.H.v. 1.082,70 DM ergab sich hieraus ein Einsparpotential i.H.v. 13.581,90 DM bzw. 6,06 DM pro Fall. In der Sitzung des Beklagten vom 24. Juli 2002 bezweifelte der Kläger erstmals die Richtigkeit d...