Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Honorarberichtigung. Verrechnung und Anrechnung einer Rückforderung mit Honoraransprüchen. Bestehen einer insolvenzrechtlich geschützten Aufrechnungslage
Orientierungssatz
Die Voraussetzungen des § 95 Abs 1 InsO sind nach Vorlage der Abrechnung durch den Vertragsarzt ohne einen fälligen Anspruch auf ein betrags- oder punktemäßig beziffertes Honorarvolumen dennoch gegeben, da die Konkretisierung des Anspruchs der Höhe nach durch Einreichung der Abrechnungsunterlagen und die Festsetzung des Anspruchs durch die Kassenärztliche Vereinigung nicht als Rechtshandlungen angesehen werden können, die den durch § 95 Abs 1 S 1 InsO geschützten Kern der jeweiligen Ansprüche noch berühren.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 22. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits auch im Berufungsverfahren zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.001,12 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Auszahlung von Honorarforderungen des Insolvenzschuldners und Mitglieds der Beklagten Dipl.-Psych. B..
Am 28. Dezember 2005 wurde über das Vermögen des Dipl.-Psych. B. das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Dipl.-Psych. B. ist als Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in C-Stadt zugelassen.
Auf Nachfrage des Klägers vom 25. April 2006, wann mit einer Abrechnung bzw. Auszahlung gerechnet werden könne, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 28. April 2006 mit, dass für das IV. Quartal 2005 zunächst ein Abschlag auf die Restzahlung, basierend auf dem individuellen Fallwert des Quartals IV/2004 und der abgerechneten Fälle des Quartals IV/2005 an die Ärzte ausgezahlt werde. Danach sei unter Berücksichtigung des eigenen Aufrechnungsbetrages aus dem Vorquartal keine Auszahlung möglich. Es seien am 20. April 2006 2500 € für das Quartal I/2006 und 2500 € für die Rate April 2006 überwiesen worden.
Hiergegen wandte der Kläger mit Schreiben vom 4. Mai 2006 ein, dass der behauptete Aufrechnungsbetrag nicht nachvollziehbar sei. Sollte die Beklagte aus geleisteten Überzahlungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Rückforderungsansprüche geltend machen, so könnten diese nicht mit entsprechenden Auszahlungsansprüchen der Insolvenzmasse für die Zeit nach Eröffnung aufgerechnet werden (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung -InsO -). Spätestens seit Anfang April 2006 lägen der Beklagten sämtliche Quartalsabrechnungen bis einschließlich Quartal I/2006 vor.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2006 wies die Beklagte darauf hin, dass die Endabrechnung des Quartals IV/2005 noch ausstehe, da die Abrechnungen für die Quartale II/2005 und III/2005 noch durch die Innenrevision überprüft würden. Der Insolvenzschuldner sei für das Quartal III/2005 nach aktuellem Stand mit 4708,24 € überzahlt. Diese Summe errechne sich aus zu hohen Abschlagszahlungen aus den Vorquartalen IV/2004 bis III/2005. Da die Endabrechnung der Quartale III und IV/2005 noch nicht vorliege, könnten die Abrechnungsergebnisse erst später übermittelt werden.
Mit Honorarbescheid vom 29. Juni 2006 setzte die Beklagte das Nettohonorar des Insolvenzschuldners für das Quartal II/05 auf 5.734,88 € fest, mit Honorarbescheid vom 12. August 2006 für das Quartal III/05 auf 7.341,45 €, mit Honorarbescheid vom 28. November 2006 für das Quartal IV/05 auf 2.013,64 € sowie mit weiterem Honorarbescheid vom 20. Januar 2007 für das Quartal I/06 auf 12.458,62 €.
Mit Schreiben vom 13. April 2007 wandte sich der Kläger dagegen, dass aus dem Quartal IV/2005 eine Überzahlung in Höhe von 5.001,12 € als Belastung in das Quartal I/2006 umgebucht worden sei (Bl. 68 Verwaltungsakte). Eine Verrechnung mit Einkünften aus dem Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei nicht möglich. Unter dem 8. Februar 2006 habe die Beklagte für das Quartal I/2006 einen Betrag in Höhe von 4.807,50 € auf das Hinterlegungskonto ausgezahlt. Ohne Berücksichtigung der Umbuchung aus dem Quartal IV/2005 erhöhe sich dieser Betrag auf 9.808,62 €. Er bitte, diesen Differenzbetrag bis 4. Mai 2007 auf das Hinterlegungskonto anzuweisen, bei fruchtlosem Fristablauf werde er Klage erheben.
Die Beklagte vertrat im Schreiben vom 4. Mai 2007 die Auffassung, dass sowohl der Überzahlungsbetrag als auch die aufzurechnende Gegenforderung bereits zum Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens fällig gewesen seien. Sei ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes zur Aufrechnung berechtigt, so werde dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt. Aus Gründen der Vorsorge werde der Überzahlungsbetrag aus dem Quartal II/05 zur Insolvenztabelle angemeldet.
Am 14. Mai 2007 hat der Kläger beim Landgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2007, hat das Landgericht den Rechtsstreit an das Sozi...