Entscheidungsstichwort (Thema)
UV-Schutz auf Dienstreisen. Lufthansapiloten
Leitsatz (amtlich)
1. Je länger auf Dienstreisen Zwischenräume (lay-over = Ruhezeit) eingeschoben sind, umso mehr beschränkt sich der UV-Schutz auf das zur Aufrechterhaltung der Arbeitsaufnahme Notwendige.
2. Zur Abgrenzung von der unversicherten eigenwirtschaftlichen Tätigkeit werden dabei auch die Grenzen des Allgemeinüblichen zu berücksichtigen sein.
3. Wird durch ein geselliges Zusammensein die Fahrt zur Nahrungsaufnahme um eineinhalb Stunden verzögert, so stehen diese und der Rückweg davon nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Normenkette
RVO § 548
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.03.1979; Aktenzeichen S-4/U - 151/77) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 1979 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung der Folgen eines Verkehrsunfalles in M. (K.) als Arbeitsunfall.
Der im Jahre 1944 geborene Kläger ist bei der D. L. AG – … – als Flugzeugführer tätig. Für deren Tochtergesellschaft, die Firma C. Flugdienst GmbH, flog er am 16. April 1977 nach M., von wo er am 23. April 1977 den Rückflug antreten sollte. In der Zwischenzeit bestand Ruhezeit (sog. lay-over). Unter dem 23. April 1977 erstattete Dr. S. (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik F. –BGUK–) einen Durchgangsarztbericht, in dem er mitteilte, daß der Kläger am 20. April 1977 als Fahrer eines Miet-Personenkraftwagens (Pkw) mit einem anderen Pkw frontal kollidiert sei. Es bestehe ein Zustand nach Gehirnerschütterung, Thoraxquetschung, Hüftverrenkung rechts und Rißplatzwunde mit Kniegelenksbeteiligung links sowie ein Verdacht auf Kniescheibenverletzung links und Rißplatzwunde unterhalb des Knies. Unter dem 11. Mai 1977 übersandte der Berufshelfer W. vom BGUK eine von dem Kläger unterschriebene Darstellung des Unfallhergangs dahin, daß er sich am Unfalltag abends auf dem Rückweg vom Abendessen im Whitesand-Hotel zu seinem Hotel, dem Reef-Hotel, in M. befunden habe. Es habe in diesem Hotel zum Abendessen lediglich Fisch gegeben, den er nicht möge. Aus diesem Grunde sei er mit Freunden in das unweit gelegene Nachbarhotel gefahren, da er dort zwischen mehreren Gerichten habe auswählen können. Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Mai 1977 die Gewährung von Entschädigungsansprüchen ab, da es sich bei der Unfallfahrt um den Weg von einer privaten Verrichtung in seine Hotelunterkunft gehandelt habe. Grundsätzlich sei nicht der gesamte Auslandsaufenthalt unfallversichert; dieser beschränke sich vielmehr auf die direkt mit der Hotelunterbringung zusammenhängenden Gefahren sowie auf die Wege von und zu der nächstmöglichen Eßgelegenheit nach Beendigung und Beginn eines Flugeinsatzes. Dazu gehörten nicht alle Wege zu und von den Mahlzeiten während eines mehrtägigen Aufenthaltes in der Ruhezeit.
Gegen diesen an ihn am gleichen Tage mit Einschreiben abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – am 22. Juni 1977 Klage erhoben.
Das SG hat den Kläger persönlich und als Zeugen die kaufmännische Angestellte I. B. und den Bauleiter A. J. B. (B.), die mit dem Kläger befreundet sind, gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 7. Februar und 14. März 1979 einschließlich ihrer Anlagen verwiesen. Sodann hat das SG mit Urteil vom 14. März 1979 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger den Unfall vom 20. April 1977 als Arbeitsunfall zu entschädigen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß es dem Kläger nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – freigestellt gewesen sei, auf seiner Dienstreise an einem anderen Ort als in seinem Hotel das Abendessen einnehmen zu dürfen. Das Whitesand-Hotel habe sich nicht unverhältnismäßig weit von seinem Hotel entfernt befunden, so daß die Wege nach dort und von dort zurück wegen Nahrungsaufnahme versicherungsrechtlich geschützt gewesen seien.
Gegen dieses ihr am 14. Mai 1979 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte schriftlich bei dem Hessischen Landessozialgericht am 6. Juni 1979 Berufung eingelegt.
Es sind vor dem Senat der Kläger persönlich und der Bauleiter B. als Zeuge gehört worden. Beide haben übereinstimmend ausgesagt, daß es nicht zutreffe, daß der Kläger von anderen zu einem Abendessen in ein anderes Hotel eingeladen worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26. September 1979 und ihre Anlage verwiesen.
Die Beklagte bringt zur Begründung ihrer Berufung vor: Auch nach der Rechtsprechung des BSG bestehe auf einer Dienst- oder Geschäftsreise nicht ständig Versicherungsschutz. Dies gelte insbesondere auch für die Ruhezeit des Klägers nac...