Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Nichtvergütung der Nr 01102 EBM-Ä 2008 für psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Verfassungswidrigkeit. Behebung der verfassungswidrigen Ungleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausschluss der psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten von der Abrechnung der Gebührenordnungsposition 01102 EBM 2008 (Aufwandserstattung für die Inanspruchnahme des Vertragsarztes an Samstagen zwischen 7:00 und 14:00 Uhr - juris: EBM-Ä 2008) verstößt gegen Art 3 Abs 1 GG.
2. Ein dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz entsprechender Zustand kann nur dadurch hergestellt werden, dass den psychologischen Psychotherapeuten und den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in gleicher Weise wie insbesondere den ärztlichen Psychotherapeuten eine Abrechnung ihrer Leistungen nach der Gebührenordnungsposition 01102 EBM 2008 zugestanden wird.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2010 verurteilt wird, dem Kläger für die Behandlungen der Patientin C. am 1. März 2008, der Patientin D. am 19. Januar 2008, der Patientin E. am 19. Januar 2008, 9. Februar 2008, 16. Februar 2008, 23. Februar 2008, 8. März 2008 und 15. März 2008, der Patientin F. am 9. Februar 2008, 23. Februar 2008, 1. März 2008, 8. März 2008 und 15. März 2008 sowie des Patienten G. am 12. Januar 2008, 19. Januar 2008, 9. Februar 2008, 16. Februar 2008, 23. Februar 2008, 8. März 2008 und 15. März 2008 zusätzlich eine Vergütung nach GO-Nr. 01102 EBM 2008 zu zahlen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger, ein psychologischer Psychotherapeut, für das Quartal I/08 gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach der GO-Nr. 01102 EBM 2008 (Inanspruchnahme des Vertragsarztes an Samstagen zwischen 7:00 Uhr und 14:00 Uhr) hat.
Der Kläger nimmt als psychologischer Psychotherapeut an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seine Praxis befindet sich in A-Stadt. Im Quartal I/08 behandelte er mehrere seiner Patienten auch an Samstagen. Im Einzelnen behandelte er
- die Patientin C. am Samstag, den 1. März 2008;
- die Patientin D. am Samstag, 19. Januar 2008;
- die Patientin E. an folgenden Samstagen: 19. Januar 2008, 9. Februar 2008, 16. Februar 2008, 23. Februar 2008, 8. März 2008 und 15. März 2008;
- die Patientin F. an folgenden Samstagen: 9. Februar 2008, 23. Februar 2008, 1. März 2008, 8. März 2008 und 15. März 2008;
- den Patienten G. an folgenden Samstagen: 12. Januar 2008, 19. Januar 2008, 9. Februar 2008, 16. Februar 2008, 23. Februar 2008, 8. März 2008 und 15. März 2008.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 19 bis 23 der Behördenakte Bezug genommen.
Bei der Abrechnung für das Quartal I/2008 durch Honorarbescheid vom 10. Juli 2008 vergütete die Beklagte dem Kläger diese 20 Behandlungstermine, gewährte jedoch für die Behandlungen keine Leistungen nach der GO-Nr. 01102 EBM 2008.
Mit Schreiben vom 11. August 2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen diesen Honorarbescheid. Er wandte sich sowohl gegen die Höhe der Leistungen insgesamt als auch speziell gegen die Absetzung der GO-Nr. 01102 EBM 2008. Es gebe keine sachlichen Gründe, die einer Abrechenbarkeit dieser Leistungsziffer entgegenstünden. Es sei nicht einzusehen, weshalb ärztliche Psychotherapeuten hier anders behandelt würden als psychologische Psychotherapeuten. Hinsichtlich der Höhe der Leistungen im Allgemeinen bat er darum, den Widerspruch ruhen zu lassen, wegen der Absetzung der GO-Nr. 01102 EBM 2008 bat er um Bescheidung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers, die Absetzung der GO-Nr. 01102 EBM 2008 betreffend, zurück. Die Abrechnung der gewünschten Ziffer komme nicht in Betracht. Aus Kapitel 23 EBM 2008, Punkt 23.1.5 der Präambel ergebe sich, dass für psychologische Psychotherapeuten neben den Gebührenordnungspositionen in diesem Kapitel nur die GO-Nrn. 01100, 01101, 01410 bis 01413, 01415, 01430, 01435, 01600, 01601, 01602, 01620 bis 01622 sowie die GO-Nrn. des Kapitels 35 berechnungsfähig seien. Psychologische Psychotherapeuten könnten zudem Zuschläge bei der Inanspruchnahme zur Unzeit, Besuche, den Verwaltungskomplex, eine telefonische Beratung des Patienten im Zusammenhang mit einer Erkrankung, schriftliche Mitteilungen und Kostenpauschalen (Kapitel 40) abrechnen. Die Inanspruchnahme des Vertragsarztes an Samstagen zwischen 7:00 Uhr und 14:00 Uhr nach der GO-Nr. 01102 EBM 2008 sei jedoch nicht Inhalt dieser Bestimmungen und könne deshalb von psychologischen Psychotherapeuten nicht berechnet werden. Sie, die Beklagte, sei an die Vorgaben des EBM gebunden.
Bez...