Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Elterngeldes

 

Orientierungssatz

1. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird das Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt.

2. Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bemessungszeitraums sind nach § 2b BEEG für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit i. S. von § 2c vor der Geburt die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Hierbei sind Monate mit Mutterschaftsgeldbezug zwingend auszuklammern (BSG Urteil vom 16. 3. 2017, B 10 EG 9/15 R).

3. Damit führt die Zeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld vor der Geburt gemäß § 2b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BEEG zu einer entsprechenden Verschiebung des Bemessungszeitraums.

4. Der gesetzliche Wortlaut ist eindeutig.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.11.2020; Aktenzeichen B 10 EG 3/20 B)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 28. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Elterngeld nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG).

Die 1993 geborene Klägerin ist mit dem 1982 geborenen C. A. verheiratet. Beide sind die Eltern der 2017 geborenen D. A. In der Zeit vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2017 war die Klägerin befristet bei dem E. E-Stadt beschäftigt. Mit Wirkung zum 1. Mai 2017 wechselte sie ihre Lohnsteuerklasse von I nach III. Vom 18. Oktober 2017 bis 31. Dezember 2017 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld und vom 1. Januar 2018 bis 24. Januar 2018 Krankengeld von ihrer Krankenkasse.

Am 15. Februar 2018 beantragte sie auf dem formularmäßigen Vordruck die Gewährung von Elterngeld aus Erwerbseinkommen vor der Geburt für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter bei dem Beklagten. Ergänzend führte sie aus, dass seit dem 1. Mai 2017 die Steuerklasse III für sie gelte und sie ausdrücklich beantrage, den Monat Oktober 2017 in die Elterngeldberechnung einzubeziehen. Sie verzichte auf den Verschiebetatbestand des Mutterschaftsgeldbezuges.

Mit Bescheid vom 16. März 2018 gewährte der Beklagte der Klägerin Elterngeld wie folgt:

- 1. Lebensmonat (26. November 2017 bis 25. Dezember 2017) i.H.v. 0 €

- 2. Lebensmonat (26. Dezember 2017 bis 25. Januar 2018) i.H.v. 300 €

- 3. bis 12. Lebensmonat (26. Januar 2018 bis 25. November 2018) i.H.v. 1.004,07 € monatlich.

Das Mutterschaftsgeld sei auf das Elterngeld nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BEEG anzurechnen. Unter Berücksichtigung dieses Verschiebetatbestandes ergebe sich ein Bemessungszeitraum von Oktober 2016 bis September 2017. Das Krankengeld sei ebenfalls auf das zustehende Elterngeld nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 BEEG anzurechnen. Die Lohnsteuerklasse I komme zur Anwendung.

Hiergegen erhob die Klägerin am 11. April 2018 Widerspruch und beantragte erneut, den Bemessungszeitraum auf November 2016 bis Oktober 2017 festzulegen und Elterngeld nach der Lohnsteuerklasse III zu berechnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Regelung des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG zwingend anzuwenden sei. Ein Verzicht auf diese Regelung sei grundsätzlich nicht möglich. Da die Klägerin vor der Geburt ihrer Tochter ausschließlich nichtselbstständig erwerbstätig gewesen sei und ab dem 18. Oktober 2017 Mutterschaftsgeld bezogen habe, sei ein Verzicht auf die Ausklammerung des Monats Oktober 2017 nicht möglich. Maßgebend sei somit der Bemessungszeitraum von Oktober 2016 bis September 2017. Unter Zugrundelegung dieses Bemessungszeitraums sei festzustellen, dass die Steuerklasse I für 7 Monate (Oktober 2016 bis April 2017) und die Lohnsteuerklasse III für 5 Monate (Mai 2017 bis September 2017) anzuwenden sei. Deshalb sei nach § 2c Abs. 3 BEEG insgesamt die Lohnsteuerklasse I für den Bemessungszeitraum zu berücksichtigen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 29. Mai 2018 Klage bei dem Sozialgericht Wiesbaden. Es obliege dem berechtigten Elternteil mit der Verzichtsoption schriftlich über die Anwendung des Verschiebetatbestandes zu entscheiden. Hieraus folge, dass die Lohnsteuerklasse I für den Bemessungszeitraum von November 2016 bis April 2017 (6 Monate) und die Lohnsteuerklasse III für die Zeit von Mai 2017 bis Oktober 2017 (6 Monate) anzuwenden sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2019 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Beklagte habe den Bemessungszeitraum von Oktober 2016 bis September 2017 zutreffend ermittelt. Monate mit Bezug von Mutterschaftsgeldbezugs seien zwingend bei der Festlegung des Bemessungszeitraums auszuklammern. Dies zugrunde gelegt sei auch die Bestimmung der Steuerklasse in zutreffender Weise erfolgt.

Gegen den am 5. Juni 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 1. Juli 2019 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt, zu deren Begründung sie sich im Wesentlichen auf ihr...

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