Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung. statistische Vergleichsprüfung ist Regelprüfmethode. offensichtliches Missverhältnis. elektronisch übermittelte Verordnungskosten. Praxisbesonderheiten
Orientierungssatz
1. Die statistische Vergleichsprüfung ist die Regelprüfmethode. Ergänzt durch die so genannte intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt.
2. Von einem offensichtlichen Missverhältnis kann bei Überschreitungen von mehr als 40% gegenüber den Vergleichswerten der Fachgruppe ausgegangen werden (vgl BSG, Urteil vom 27.4.2005 - B 6 KA 1/04 R = BSGE 94, 273 = SozR 4-2500 § 106 Nr 9).
3. Grundsätzlich dürfen sowohl die Prüfgremien als auch die Gerichte ihre Entscheidungen darauf stützen, dass die elektronisch übermittelten Verordnungskosten tatsächlich auf Verordnungen des jeweiligen Vertragsarztes beruhen, selbst wenn eine Störanfälligkeit des praktizierten Systems nicht ausgeschlossen und damit eine völlige Fehlerfreiheit nicht gewährleistet werden kann.
4. Die Frage, ob die Praxis eines Vertragsarztes gegenüber der Fachgruppe der Allgemeinärzte Praxisbesonderheiten aufweist, die erheblich höhere Kosten für physikalisch-therapeutische Leistungen rechtfertigen, unterliegt nicht dem Beweis durch Sachverständige. Die entsprechenden Strukturmerkmale hat vielmehr das sachverständig besetzte Prüfgremium zu würdigen, dem nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht (vgl BSG vom 19.3.1997 - 6 BKa 60/96).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt im ersten Rechtszug der Kläger zu fünf Sechstel und der Beklagte zu einem Sechstel und im zweiten Rechtszug ausschließlich der Kläger. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Regressforderungen des Beklagten wegen unwirtschaftlicher Verordnung von physikalisch-therapeutischen Leistungen in den Quartalen I/1996 (noch 13.078,53 DM) und II/1996 (noch 12.428,32 DM).
Der ... 1955 geborene Kläger nimmt seit 11. Dezember 1984 als niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin mit der Zusatzbezeichnung Chirotherapie und Sportmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In seinem Patientengut befindet sich eine größere Anzahl von Patienten, die bei außerhessischen Krankenkassen versichert sind. Er erhielt bereits in der Vergangenheit für mehrere Quartale u. a. 1994 und 1995 von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) Hinweise wegen deutlicher Überschreitungen der Durchschnittswerte der Fachgruppe der Allgemeinmediziner bei den Verordnungskosten für physikalisch-therapeutische Leistungen im Bereich der Primär- und Ersatzkassen. Ein Prüfantrag für das Quartal IV/1994 wurde vom Antragsteller zurückgezogen. Am 27. März 1997 ging ein Prüfantrag der Verbände der Krankenkassen in Hessen nach § 12 der Prüfvereinbarung vom 26. September 1994 hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise für physikalisch-therapeutische Leistungen für das Quartal I/1996 beim Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (PA) ein. Für die nach Durchschnittswerten beantragte Prüfung wurde auf die seinerzeit vorliegende Anzahlstatistik für die Fachgruppe der Ärzte für Allgemeinmedizin sowie die Anzahl- und Summenstatistik für die vom Kläger verordneten physikalisch-therapeutischen Leistungen Bezug genommen. Hieraus ergab sich gegenüber dem seinerzeit bekannten Fachgruppendurchschnitt insgesamt und bereits gewichtet eine Überschreitung der Fallkosten gegenüber dem Durchschnittswert der Fachgruppe bei physikalisch-therapeutischen Leistungen von 150 v. H.
Auf den entsprechenden statistischen Grundlagen ging ein weiterer Prüfantrag der Verbände der Krankenkassen in Hessen für das Quartal II/1996 am 23. Juni 1997 beim PA ein, wobei die Überschreitung für dieses Quartal bei den physikalisch-therapeutischen Leistungen pro Fall gegenüber den Durchschnittswerten der Fachgruppe bei 154 v. H. lag.
Die Verordnungskostenstatistik für das Quartal I/1996 wurde allerdings im Jahr 1997 neu erstellt, weil die Fallzahlen der BKK Mittelhessen nicht berücksichtigt worden waren. Danach betrug die bereits gewichtete Gesamtüberschreitung der durchschnittlichen Fallkosten für physikalisch-therapeutische Leistungen beim Kläger gegenüber der Fachgruppe im Quartal I/1996 154 v. H. Die neu erstellten Anzahl- und Summenstatistiken für das Quartal I/1996 wurden dem Kläger zusammen mit den unveränderten Anzahl- und Summenstatistiken für das Quartal II/1996 mit der Einladung vom 7. Oktober 1999 zur Sitzung des Beklagten am 19. Februar 2000 übersandt. Zum Prüfungsantrag für das Quartal I/1996 nahm der K...