Entscheidungsstichwort (Thema)

Psychologische Psychotherapeuten. Erweiterte Honorarverteilung. EHV. Vertragsarzt. Kassenarzt. vertragsärztliche Versorgung. Alterssicherung. Verfassungswidrigkeit. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das System der EHV ist grundsätzlich von der Bundesgesetzgebung abhängig, denn die Begriffe Arzt, RVO-Arzt oder Kassenarzt werden von dieser inhaltlich bestimmt und ggf. auch fortentwickelt. Damit ist das System der landesrechtlichen EHV systembedingt nicht völlig unabhängig von der Bundesgesetzgebung.

2. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Psychotherapeutengesetz die Personengruppen der psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht als Ärzte verstanden wissen wollen.

 

Normenkette

KVHG § 8; GKAR Art. 4 § 1 Abs. 2; GEHV § 1 Abs. 1; GG Art. 12, 14; KVHG §§ 3, 1; SGB V § 72 Abs. 1, § 73 Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Aktenzeichen S 28/27 KA 1215/00)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Aufnahme des Klägers in die Erweiterte Honorarverteilung (EHV).

Der Kläger ist seit Januar 1999 als psychologischer Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und Mitglied der Beklagten.

Am 27. August 1999 beantragte er die Aufnahme in die EHV. Mit Bescheid vom 6. Dezember 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den dagegen am 7. Januar 2000 eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2000 zurück. In der Begründung führte sie aus, dass eine Ausweitung der EHV auf die psychologischen Psychotherapeuten nicht möglich sei, da die Teilnahme allein für Kassenärzte vorgesehen sei. Dies ergebe sich bereits aus § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 22. Dezember 1953 (KVHG), dessen Wortlaut zu entnehmen sei, dass sich die möglichen Satzungsregelungen der Invaliden- und Alterssicherung nur auf Kassenärzte bezögen, nicht jedoch auf eventuelle andere Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gesetz über das Kassenarztrecht vom 17. August 1955 (GKAR). Dessen Art. 4 enthalte die deklaratorische Regelung, dass die landesrechtlichen Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt blieben. Der Bundesgesetzgeber habe hiermit lediglich einen Bestandsschutz für die bereits geltende landesrechtliche Bestimmung einräumen wollen, jedoch nicht eine Rechtsgrundlage für die Erweiterung der im Landesgesetz von 1953 bestehenden Regelungen.

Dagegen hat der Kläger am 4. April 2000 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Mit Urteil vom 13. April 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass § 8 KVHG sich allein auf Kassenärzte und nicht auf eventuelle andere Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen beziehe. Der Satzungstext des § 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV), der zum 1. Januar 1999 „alle Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen” genannt habe, sei – zur Klarstellung – 2001 geändert worden. Jetzt beziehe sich § 1 auf die ärztlichen Mitglieder. Damit sei der psychologische Psychotherapeut nicht gemeint. Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, eine solche Änderung vorzunehmen. Denn bis zum Jahre 1998 hätten nur Ärzte an der kassenärztlichen Versorgung teilgenommen und nicht auch psychologische Psychotherapeuten. Somit habe sich die Satzung von Anfang an nur an Ärzte gewandt, ohne dass dies wörtlich umschrieben hätte werden müssen.

Gegen das dem Kläger am 16. August 2005 zugestellte Urteil hat dieser am 1. September 2005 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass § 8 KVHG in Verbindung mit den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung ausschließlich an die Mitgliedschaft anknüpfe. Dies werde in § 1 GEVH, wie sie 1999 gegolten hätten, ausdrücklich bestätigt. Mit dem Psychotherapeutengesetz habe der Gesetzgeber die eindeutige Entscheidung getroffen, die Berufsausübung des psychologischen Psychotherapeuten, soweit es um die Behandlung von Versicherten nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gehe, nicht nur in das System des Vertragsarztrechts mit aufzunehmen sondern deren Berufsausübung von einer Zulassung mit der damit einhergehenden Mitgliedschaft in der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung abhängig zu machen. Daraus folge, dass zugelassene Psychotherapeuten als „Kassenärzte” i. S. des § 8 KVHG einerseits und als „Mitglieder” der Kassenärztlichen Vereinigung im Sinne der Grundsätze der EHV anzusehen seien. Diese Gleichstellung habe der Gesetzgeber nicht nur in § 72 SGB V sondern auch in der Ärzte-Zulassungsverordnung und dem Bundesmantelvertrag ausdrücklich bestätigt und bekräftigt. Der Kläger sei somit ab Zulassung, d. h. ab dem 21. Januar 1999 nicht nur Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, sondern zugleich auch zur Teilnahme an der EHV berechtigt und verpflichtet.

Der Kläger beantragt,

das Urte...

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