Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.11.1986; Aktenzeichen S-8/U-109/84) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. November 1986 wird als unzulässig verworfen, soweit Ansprüche auf Sterbegeld, Verletztenrente, Überführungskosten und Überbrückungshilfe betroffen sind. Im übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. November 1986 zurückgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. November 1986 wird als unzulässig verworfen.
III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Bronchialkarzinomerkrankung des am 24. September 1982 hieran verstorbenen Ehemannes bzw. Vaters der Kläger, … (Versicherter), wie eine Berufskrankheit zu entschädigen ist.
Der Versicherte stellte unter Beifügung eines Attests seines Hausarztes D. vom 19. November 1981 mit Schreiben vom 24. November 1981 Antrag auf Entschädigung wegen einer Berufskrankheit.
Der 1938 geborene Versicherte war nach einer Maurerlehre in den Jahren 1953 bis 1956 von 1956 bis 1960 als Maurergeselle und bis Mai 1961 als Einrichter für die Produktion von Autozubehörteilen beschäftigt. Im Mai 1961 nahm er eine Tätigkeit bei der Firma …, als Vorarbeiter auf. Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten vom 26. März 1982, die auf Angaben des verstorbenen Versicherten beruhten, hatte die Straßenbaufirma maximal 15 Beschäftigte und war mit der Befestigung von Höfen, Bürgersteigen, kleineren Straßen und Wegen befaßt. Die Ausführung der Arbeiten geschah nach der Makadam-Bauweise hauptsächlich von Hand. Hierbei wird beim Tränkmakadam eine trocken eingewalzte Schotterschicht mit Splitt ausgefüllt. Dann wird das im Kocher erhitzte Bindemittel Teer mit der Spritze aufgetragen. Unmittelbar danach wird erneut Splitt aufgetragen und der Belag abgewalzt. Beim Mischmakadam im Heiß- oder Kalteinbau wird ein Teersplittgemisch in mehreren Lagen von Hand ausgebreitet und durch Walzen verdichtet. Zum Anspritzen wird der Teer auf 100 Grad Celsius, bei Mischsplitt auf 120 Grad Celsius erhitzt, wobei die im Teer enthaltenen flüchtigen Anteile verdampfen. Der Versicherte trug nach eigenen Angaben hauptsächlich Splitt auf und war den Dämpfen aus der Teerspritze unmittelbar ausgesetzt, was auch beim Bedienen des Teerkochers der Fall war. Die Arbeitszeit verteilte sich auf 60 % Arbeiten mit Heißteer und zu 40 % auf Arbeiten am Unterbau und auf Pflasterarbeiten. Ab Ende der 60er Jahre wurde Steinkohlenteer als Bindemittel durch Bitumen verdrängt. Bei kleineren Straßenflächen verarbeitete die Firma … Bitumenkiesbeton und Asphaltfeinbeton. Das Mischgut hat beim Einbau eine Temperatur von ca. 180 Grad Celsius. 30 % der Arbeitszeit war der Versicherte den aus dem bituminösen Mischgut aufsteigenden Dämpfen ausgesetzt. Insgesamt war der Versicherte, der seit 1973 auch Geschäftsführer war, aber weiter auf den Baustellen mitarbeitete, nach dem Bericht des Berufshelfers vom 14. Februar 1983 durch manuelle Tätigkeiten und beim Fahren einer kleinen Walze in niedriger Sitzhöhe der Einwirkung von Teerdämpfen und Teerstaub ausgesetzt.
Am 22. Februar 1982 (Eingangsdatum) zeigte die Firma … ebenfalls eine Berufskrankheit des Versicherten an.
Dieser war seit 15. Dezember 1980 wegen einer Nierenerkrankung und seit 5. Mai 1981 wegen der Bronchialerkrankung arbeitsunfähig krank.
Die Beklagte zog daraufhin diverse Arztbriefe des Prof. Dr. U., Chirurgische Klinik des Krankenhauses … und des Röntgenologen Prof. Dr. S. die den Versicherten untersucht bzw. behandelt hatten, bei. Ferner äußerte sich der Landesgewerbearzt des Hessischen Sozialministers mit Schreiben vom 30. Dezember 1982 unter Berücksichtigung des bei Prof. Dr. W. eingeholten Gutachtens auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung vom 15. Juni 1982. In diesem Gutachten vertrat Prof. Dr. W. die Auffassung, bei dem Versicherten lägen arbeitsmedizinischerseits die Voraussetzungen zur Anerkennung wie bei einer Berufskrankheit vor. Die Entstehung des Bronchialkarzinoms sei mit Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit als Teerfacharbeiter zurückzuführen.
Der Landesgewerbearzt kam zu dem Ergebnis, bei dem Versicherten habe eine Exposition bestanden, die den Verdacht auf eine berufliche Verursachung sehr wohl begründe. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse seien aber noch nicht so verfestigt, daß die Entschädigung wie eine Berufskrankheit möglich sei. Hierbei stützte er sich auf eine Mitteilung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 14. Januar 1983.
Nach dem Arztbrief des Privatdozenten Dr. R., Krankenhaus … vom 27. September 1982, in dem der Versicherte verstorben war, werden als abschließende Diagnosen ein Zustand nach Pneumonektomie rechts infolge Plattenepithelkarzinoms, Tumorrezidiv mit oberer Einflußstauung und Oesophaguskompre...