Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Anerkennung einer Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102. primäre Meniskopathie. belastungskonformes Schadensbild. Nachweis im Vollbeweis. Abgrenzung zur sekundären Meniskopathie. Auslegung. Wille des Verordnungsgebers. Merkblatt BK 2102: unmittelbar schädigender Vorgang. Fliesenleger
Orientierungssatz
1. Zur Nichtanerkennung eines Meniskusschadens am linken Knie eines Fliesenlegers als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102 mangels Nachweises einer primären Meniskopathie am linken Knie im Vollbeweis.
2. Der Berufskrankheit nach BKV Anl 1 Nr 2102 unterfällt nur die primäre Meniskopathie. Die sekundäre Meniskopathie, bei der ein Meniskusschaden durch andere Veränderungen vermittelt wird, ist auszuschließen. Zwar unterscheidet der Wortlaut der BK 2102 nicht zwischen primärer und sekundärer Meniskopathie. Jedoch ergibt sich aus der amtlichen Begründung zur Einführung dieser Berufskrankheit, dass der Verordnungsgeber allein die unmittelbare Einwirkung beruflicher Belastungen auf die Menisken erfassen wollte.
3. Zum belastungskonformen Schadensbild einer primären Meniskopathie.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 13. März 2020 abgeändert und die Klagen des Klägers werden insgesamt abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 2102 ("Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten") nach der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) bzgl. des linken Knies des Klägers und um eine Verletztenrente.
Der 1959 geborene Kläger arbeitete als Fliesenleger vom 1. September 1976 bis zum 19. April 1985 bei der E. C-Stadt, vom 2. Mai 1985 bis zum 19. Februar 1990 bei der Baufirma F. C-Stadt, vom 21. Februar 1990 bis zum 10. April 1990 bei H. und vom 7. Mai 1990 bis zum 10. September 2009 bei M. Er bezieht seit 2013 von der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und arbeitet inzwischen nicht mehr kniebelastend in Teilzeit.
Mit Schreiben vom 22. August 2012 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Feststellung einer Berufskrankheit. Bei seiner Tätigkeit als Fliesenleger habe er sich beide Knie lädiert. Beide Knie seien operiert worden. Er könne sich nicht mehr hinknien und beim Laufen sei er beeinträchtigt. Die Beklagte ermittelte daraufhin zunächst hinsichtlich der BK Nr. 2102. Der Kläger gab auf einem Fragebogen der Beklagten am 12. September 2012 an, dass er als Fliesenleger bei seinen Arbeitgebern jeweils durchschnittlich 6 bis 8 Stunden pro Schicht in kniender oder hockender Körperhaltung gearbeitet habe. Er habe Wand- und Bodenfliesen verlegt und Kunststein versetzt. Er habe zudem bereits 1985 in der DDR (am rechten Knie) Knieverletzungen erlitten und 1995 (am linken und am rechten Knie).
Die Beklagte rekonstruierte ihre Verwaltungsakte, da sie bereits im Jahr 2002 die Anerkennung der BK Nr. 2102 geprüft und mit Bescheid vom 6. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2003 abgelehnt hatte. Die erforderliche primäre Meniskopathie sei nicht festzustellen gewesen. Die hiergegen erhobene Klage in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen S 15 U 1169/03 vor dem Sozialgericht Kassel hatte der Kläger am 5. Januar 2004 zurückgenommen. Aus den früheren Unterlagen der Beklagten bzw. aus den von der Krankenkasse beigezogenen Unterlagen ergab sich zunächst folgender Sachverhalt: Der Kläger wurde am 9. März 1995 orthopädisch mit Verdacht auf eine mediale Meniskusläsion im linken Knie behandelt. Am 13. Juni 1995 fand erneut eine Untersuchung bei einem Durchgangsarzt statt, der in seinem Bericht ausführte, dass der Kläger bei Fliesenlegearbeiten aus der Hocke aufgestanden und mit dem linken Fuß verhakt sei und sich dabei das linke Knie verdreht habe. Auf eigenen Wunsch des Klägers sei eine weitere Behandlung nicht erforderlich. Im Ergänzungsbericht vom 13. Juni 1995 heißt es, dass der Verdacht auf einen Innenmeniskusschaden links bestehe.
Weiter geht aus der rekonstruierten Verwaltungsakte der Beklagten hervor, dass der Kläger am 13. Oktober 1995 beim Fliesenlegen Beschwerden erlitten habe, als er aufstehen wollte und es plötzlich im rechten Knie geschmerzt habe. Im Durchgangsarztbericht wurde als Erstdiagnose eine „Distorsion rechtes Knie mit stabiler Außenbandzerrung“ dokumentiert. Bei einer sonographischen Untersuchung zeigte sich dann am 3. November 1995 ein Meniskusriss rechts medial. Am 8. November 1995 fand dann am rechten Knie eine arthroskopische Außenmeniskus-Hinterhorn-Resektion statt. Am 8. Februar 1996 fand am rechten Knie sodann eine arthroskopische Innenmeniskus-Vorderhornresektion statt. Dies ergibt sich auch aus dem Arztbericht des Dr. K. vom 3. April 1996.
Der Arzt für Arbeitsmedizi...