Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursausfallgeld. Arbeitsentgelt. gesamtschuldnerische Haftung für Firmenkreditkarte. Aufwendungsersatzanspruch. Reisekosten. Bargeldbeschaffung für kleinere Barkasse
Leitsatz (amtlich)
1. Hat ein Arbeitnehmer nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers Verpflichtungen aus der Benutzung einer Firmenkreditkarte aufgrund seiner gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber der Kreditkartenfirma beglichen, so hat dieser Anspruch auf Konkursausfallgeld, sofern es sich bei den zugrundeliegenden Forderungen um Arbeitsentgelt iS von § 141b AFG iVm § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst a KO handelt und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
2. Zum Arbeitsentgelt in dem Sinne zählen neben Aufwendungsersatzansprüchen zB für Reisekosten und Bewirtungsspesen auch solche für die Versorgung kleinerer betrieblicher Barkassen mit Bargeld, wenn dies auf einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung beruht und in der Größenordnung mit Vorleistungen für Reisespesen vergleichbar ist und den Betrag eines Monatsgehalts nicht übersteigt.
Normenkette
AFG § 141b Abs. 1-2; KO § 59 Abs. 1 Nr. 3a
Verfahrensgang
SG Wiesbaden (Urteil vom 09.09.1986; Aktenzeichen S-5/Ar-62/83) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. September 1986 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin gewährten Konkursausfallgeldes (Kaug), insbesondere über die Berücksichtigungsfähigkeit von Auslagen in Höhe von DM 2.453,20, wegen derer die Klägerin als Gesamtschuldnerin von der Kreditkartenfirma ihrer früheren Arbeitgeberin in Anspruch genommen wurde.
Die 1951 geborene Klägerin war bei der … GmbH zuletzt als Leiterin der Niederlassung … beschäftigt. Über das Vermögen der Firma … GmbH wurde am 8. Januar 1981 der Konkurs eröffnet. Der eingesetzte Konkursverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. März 1981. Für die Zeit vom 1. Dezember 1980 bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung standen noch Gehaltszahlungen in Höhe von DM 3.312,80 aus.
Der Klägerin war als Niederlassungsleiterin eine Firmenkreditkarte der Firma … GmbH, … ausgestellt worden, die sie zu Firmenzwecken verwenden sollte. Nach den Geschäftsbedingungen der Firma … haftete sie neben der Hauptkarteninhaberin (der Firma … GmbH) als Gesamtschuldnerin für die Zahlung aller durch die Benutzung dieser Karte entstandenen Verpflichtungen.
Mit dieser Firmenkreditkarte beglich die Klägerin in der Zeit vom 7. November bis 22. Dezember 1980 Restaurant- und Hotelrechnungen und tätigte Barabhebungen in Höhe von insgesamt DM 2.453,20. Da diese Forderungen der Firma … von der Firma … GmbH nicht ausgeglichen wurden und die Klägerin trotz Mahnung durch die Firma … eine Zahlung nicht vornahm, erwirkte die Firma … die Verurteilung der Klägerin durch das Amtsgericht Wiesbaden zur Zahlung des ausstehenden Betrages sowie der Spesen für die verweigerte Einlösung des Einziehungsauftrages in Höhe von insgesamt DM 2.801,58 sowie Zinsen. Das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden wurde am 27. Juni 1983 rechtskräftig und die Klägerin zahlte diesen Betrag aufgrund dieses Titels an die Firma …
Am 5. Oktober 1933 wurde das Konkursverfahren über die Firma … wieder aufgehoben.
Auf Antrag der Klägerin vom 10. Februar 1981 bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 11. Februar 1981 Kaug für ihre ausstehenden Lohnforderungen im Kaug-Zeitraum vom 8. Oktober 1980 bis 7. Januar 1981 in Höhe von DM 3.312,86. Hiergegen legte die Klägerin am 22. Oktober 1981 Widerspruch ein und machte geltend, ihr seien weitere DM 2.801,58 als Kaug zu zahlen, da die Forderung der Firma … zu ihren Bezügen aus dem Arbeitsverhältnis gehörten. Gleichzeitig meldete sie einen Befreiungsanspruch in dieser Höhe als Masseschuld gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 Konkursordnung (KO) zur Konkurstabelle an. Über die Forderungen im Einzelnen legte sie eine Rechnung der Firma … an die Firma … GmbH vor.
Nachdem der Konkursverwalter mitgeteilt hatte, dass seiner Auffassung nach der Klägerin wegen ihrer Ansprüche auf Inanspruchnahme der Firma … Kaug nicht zustehe, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 1983 zurück. Sie führte hierin im Wesentlichen aus, dass zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt nur solche Leistungen rechneten, die der Arbeitnehmer als Gegenwert für die von ihm erbrachte Arbeit zu beanspruchen habe. Hierzu gehörten nicht Forderungen, die nur in einer mittelbaren Beziehung zu dem Dienstverhältnis stünden, wie die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen.
Gegen diese Bescheide richtet sich die von der Klägerin am 19. April 1983 vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhobene Klage.
Die Klägerin führte...