Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständigenentschädigung. Ersatz der Umsatzsteuer
Orientierungssatz
Zur Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer auf das Honorar für die Ausstellung eines Befundscheins ohne nähere gutachterliche Äußerung iS der Nr 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs 1 JVEG.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 13. Dezember 2006 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 27. März 2006 in Gestalt der Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 verurteilt, der Klägerin die auf die Vergütung in Höhe von 25,00 € entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 4,00 € zu ersetzen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1/3 für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3 für beide Rechtszüge zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 12,22 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um den Ersatz der Umsatzsteuer auf das Honorar für die Ausstellung eines Befundscheins ohne nähere gutachtliche Äußerung im Sinne der Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) in Höhe von insgesamt 4,00 €.
Die Klägerin ist eine ärztliche Gemeinschaftspraxis, die für den Beklagten im Rahmen des Schwerbehindertenrechts Befundberichte erstattet und hierfür Honorare nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 JVEG erhalten hat.
In Sachen X. datiert der Befundbericht vom 9. März 2006. Mit Bescheid vom 27. März 2006 setzte der Beklagte ein Honorar in Höhe von insgesamt 25,00 € ohne Umsatzsteuer fest. Den mit dem Ziel des Ersatzes der hierauf entfallenden Umsatzsteuer eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2006 zurück.
In Sachen W. datiert der Befundbericht vom 27. Dezember 2005. Mit Bescheid vom 27. März 2006 setzte der Beklagte ein Honorar in Höhe von insgesamt 20,44 € ohne Umsatzsteuer fest. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2006 zurück.
In Sachen PU. datiert der Befundbericht vom 28. November 2005. Mit Bescheid vom 27. März 2006 setzte der Beklagte ein Honorar in Höhe von insgesamt 30,94 € ohne Umsatzsteuer fest. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2006 zurück.
Die hiergegen jeweils am 27. Juni 2006 erhobenen Klagen hat das Sozialgericht (SG) GE. verbunden und mit Urteil vom 13. Dezember 2006 unter Zulassung der Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für die begehrte Erstattung der Umsatzsteuer auf die gezahlten Honorare nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 JVEG fehle es an einer Rechtsgrundlage. § 12 Abs. 1 S. 2 Ziffer 4 JVEG sei auf die Entschädigung eines sachverständigen Zeugen nicht anwendbar, denn aus § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG gehe hervor, dass diese Vorschrift nur für Gutachten oder Übersetzungen gelte. Aus Ziffer 1 Abs. 1 S. 1 Umsatzsteuerrichtlinie 2005 sei zu entnehmen, dass die Umsatzsteuer einen Leistungsaustausch voraussetze, der nur vorliege, wenn Leistender und Leistungsempfänger vorhanden seien und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenüberstehe. Im Falle einer Schadensersatzleistung fehle es hieran. Die Entschädigung der (sachverständigen) Zeugen nach dem JVEG sei echter Schadensersatz, weshalb hierfür keine Umsatzsteuer zu entrichten sei.
Gegen das ihr am 15. Februar 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. März 2007 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, auch das Honorar nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 JVEG sei vom Gesetzgeber als Vergütung und nicht als Schadensersatz angelegt, weshalb die hierauf entfallende Umsatzsteuer gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Ziffer 4 JVEG zu ersetzen sei. Aus § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG lasse sich die vom SG gezogene Schlussfolgerung nicht herleiten. Die Klägerin hat außerdem eine Erklärung ihres Steuerberaters vorgelegt, wonach sie für das Jahr 2006 gemäß § 19 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) auf die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht für “Kleinunternehmer„ nach § 19 Abs. 1 S. 1 (UStG) verzichtet. Sie hat hierzu ergänzend vorgetragen, durch Vortrags- und andere umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten im Jahr 2006 überschreite sie voraussichtlich ohnehin die Umsatzgrenzen für den Wegfall der Umsatzsteuer. Durch den Verzicht auf die Befreiung von der Umsatzsteuer habe sie Planungssicherheit und vermeide eine nachträgliche Veranlagung zur Umsatzsteuer. Für das Jahr 2005 hat die Klägerin keine Umsatzsteuerpflicht mehr behauptet.
Die Klägerin beantragt unter Klagerücknahme im Übrigen,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 13. Dezember 2006 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 27. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 zu verurteilen, ihr die auf die Vergütung in Höhe von 25,00 € entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 4,00 € zu ersetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zu...