Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Zulassung im Rahmen eines sog Job-Sharing-Verhältnisses nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen

 

Orientierungssatz

1. Bei der zu treffenden Auswahlentscheidung ist ein Job-Sharing-Verhältnis nach § 26 Abs 2 S 1 BedarfsplRL (juris: ÄBedarfsplRL) nur dann zulassungsrechtlich privilegiert, wenn es im Zeitpunkt der Entsperrung schon bestanden hat.

2. § 26 Abs 2 und 3 ÄBedarfsplRL will Ärzte, die bereits am Job-Sharing teilnehmen, bei der Zulassung im Fall einer späteren Entsperrung privilegieren.

3. Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung des Zulassungsausschusses ist darauf beschränkt, ob der seine Zulassung beantragende Arzt durch Ermessensfehler beschwert ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 26. November 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 7), zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer aktiven Konkurrentenklage um die Vergabe eines hälftigen Vertragsarztsitzes für einen Facharzt/eine Fachärztin für HNO-Heilkunde im Planungsbereich A-Stadt nach partieller Öffnung.

Der 1972 geborene Kläger ist seit dem 1. August 2003 approbiert und seit 30. Januar 2008 Facharzt für HNO-Heilkunde. Er war bis 2008 als Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Dermatologie, Venologie und Allergologie G-Stadt tätig, anschließend als Oberarzt in der HNO-Abteilung des Klinikums der Stadt H.. Seit dem 1. Januar 2012 arbeitet er als Oberarzt der HNO-Klinik der Universität A-Stadt. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ den Kläger auf dessen Antrag vom 29. Januar 2013 hin mit Beschluss vom 19. März 2013 mit Wirkung zum 1. April 2013 zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr. med. J. nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V (sog. Job-Sharing) zu. Die Praxis hat ihren Sitz in der A-Straße in A-Stadt.

Der Kläger ist seit dem 12. Dezember 2011 in die Warteliste eingetragen. Er verfügt seit dem 24. April 2013 über die Zusatzbezeichnung "Plastische Operationen". Seit 26. August 2016 erfüllt er die Voraussetzungen der Fachkunde im Strahlenschutz für die Anwendungsgebiete "Röntgendiagnostik in einem sonstigen begrenzten Anwendungsbereich: Schädeldiagnostik in der HNO" und "DTV im Bereich der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde".

Der ebenfalls 1972 geborene Beigeladene zu 8) ist seit dem 1. Februar 2002 approbiert und seit dem 14. September 2005 Facharzt für HNO-Heilkunde. Seit 2006 war er als Oberarzt der HNO-Klinik der Universität A-Stadt tätig, seit 2008 als ständiger Vertreter des Direktors und kommissarischer Direktor. Er ist mit einem halben Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt, Stadtteil AX., E-Straße, zugelassen. Diese vertragsärztliche Tätigkeit übt er in Berufsausübungsgemeinschaft mit zwei weiteren HNO-Ärzten aus, wobei die Berufsausübungsgemeinschaft insgesamt über 1 1/2 Versorgungsaufträge verfügt.

Der Beigeladene zu 8) ist seit dem 23. Februar 2009 in die Warteliste eingetragen. Er verfügt seit dem 26. November 2007 über die Zusatzbezeichnung "Medikamentöse Tumortherapie", seit 27. April 2009 über die Zusatzbezeichnung "plastische Operationen" und seit 24. Februar 2011 über die Zusatzbezeichnung "Allergologie". Darüber hinaus ist er seit dem 1. November 2005 zur Weiterbildung auf dem Gebiet "Hals-Nasen-Ohrenheilkunde" ermächtigt.

Der 1971 geborene Beigeladene zu 9) ist seit dem 1. April 2001 approbiert und seit dem 16. Mai 2006 Facharzt für HNO-Heilkunde. Anschließend war er bis September 2006 als HNO-Facharzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. Von November 2006 bis Mai 2008 arbeitete er als Mitarbeiter im Rahmen einer privatärztlichen Vertretung. Seit dem 1. Juli 2008 ist er mit einem halben Versorgungsauftrag in A-Stadt, C-Straße, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In dem Zeitraum von März 2009 bis Ende 2011 war er dort gemeinsam mit seinem Vater tätig. Ab Januar 2012 wurde die Praxis um den Standort C-Straße erweitert und besteht seither als überörtliche Gemeinschaftspraxis fort.

Der Beigeladene zu 9) ist seit dem 3. März 2011 in die Warteliste eingetragen.

Mit Beschluss vom 15. November 2012, veröffentlicht im Hessischen Ärzteblatt, Heft 1/2013, Bl. 58 f., änderte der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen u.a. für den Planungsbereich A-Stadt - Stadt und die Fachgruppe der HNO-Ärzte die bestehende Zulassungsbeschränkung mit der Maßgabe ab, dass ein weiterer Facharzt/Fachärztin dieser Gruppe zugelassen werden könne. Zulassungsanträge seien mit den erforderlichen Unterlagen innerhalb von 6 Wochen nach Erscheinen der Veröffentlichung einzureichen. Hinsichtlich des genauen Inhaltes des Beschlusses wird auf Bl. 421 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Daraufhin stellte der Kläger am 9. Januar 2013 beim Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hes...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge