Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls. Unfallfolge. MdE. Klagefrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Orientierungssatz
1. Wird eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Folge eines Arbeitsunfalls geltend gemacht, so fehlt es an dem hierzu erforderlichen Ursachenzusammenhang mit dem angeschuldigten Unfallereignis, wenn entsprechende psychische Störungen erstmals Jahre nach dem Unfallereignis manifestiert sind. Eine PTBS beginnt wenige Tage oder Wochen nach dem Unfallereignis, nicht aber erst Jahre später.
2. Existieren keinerlei Akutbefunde zu einer geltend gemachten PTBS und ist ein bestehendes psychoreaktives Störungsbild zudem deutlich überlagert durch somatoforme bzw. psychosoziale Faktoren, so ist insoweit die Gewährung von Verletztenrente ausgeschlossen.
Normenkette
SGB VII § 56 Abs. 1 S. 1; SGG § 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 67 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. August 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger streitet um die Zahlung einer Unfallrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 3. Mai 1995.
Der Kläger war als Be- und Entladerarbeiter in der Paketverteilanlage der C. AG am CC. C-Stadt beschäftigt, wo am 3. Mai 1995 eine Paketsendung explodierte, wobei von 17 Beschäftigten zwei schwer verletzt wurden und eine getötet wurde. Der Kläger hatte einen Lkw mit Rollbehältern entladen, die Rollbehälter bis zum Codierband geschoben und befand sich auf dem Rückweg zum Lkw, als die Explosion sich 5 bis 6 m hinter ihm ereignete. Der Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Arzt Dr. D., HNO-Universitätsklinik Frankfurt am Main, diagnostizierte am Unfalltag ein Knalltrauma beiderseits, eine Hörminderung sowie ein Ohrgeräusch (Tinnitus). Der Kläger wurde am 10. Juli 1995 wieder arbeitsfähig. Seit Anfang des Jahres 2002 ist er von der Arbeit freigestellt und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente des Arbeitgebers ab 1. Februar 2006.
Am 8. November 2001 wandte der Kläger sich an die Beklagte mit dem Antrag, ihm eine Unfallrente zu gewähren, da er noch an den Folgen des Arbeitsunfalles leide. Er legte den Bericht des HNO-Arztes Dr. E. vom 20. September 2001 vor.
Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Betriebskrankenkasse Post (BKK Post) für die Zeit ab 10. September 1990 bei sowie Berichte des Hausarztes Dr. F. vom 19. März 2002, des Allgemeinmediziners J. vom 22. April 2002, der ihn vom 6. Juni 1995 bis 28. Februar 2000 wegen starker Hörminderung und Tinnitus nach Knalltrauma behandelt hatte, und des Orthopäden Dr. K. vom 25. März 2002. Der Kardiologe Dr. L. stellte in seinem Bericht vom 6. Oktober 1999 als Diagnosen Verdacht auf instabile Angina pectoris nach Herzinfarkt sowie Diabetestest und beschrieb starke Alpträume nach einem Bombenanschlag 1995. Der Neurologe und Psychiater Dr. H. hatte den Kläger ab 22. Mai 1995 behandelt und erteilte hierüber die Berichte vom 18. April 2002 und vom 20. Oktober 2003.
Sodann ließ die Beklagte das hno-ärztliche Gutachten des Dr. M. vom 10. Oktober 2002 sowie das Gutachten auf neurologischem und psychiatrischem Gebiet des Prof. N., Chefarzt der neurologisch-psychiatrischen Klinik des Horst-Schmidt-Klinikums Wiesbaden, vom 24. April 2003 erstatten. Dr. M. ging davon aus, dass das Knalltrauma zu einer symmetrischen Schallempfindungsschwerhörigkeit beiderseits im höheren Frequenzbereich geführt habe, verbunden mit einem anfallsweise auftretenden Ohrgeräusch (Tinnitus). Dabei handele es sich um einen Dauerzustand, der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von unter 10 v.H. bewirke. Prof. N. diagnostizierte eine mittelgradige posttraumatische Schlaf- und Angststörung, die er als Folge des Arbeitsunfalles ansah und mit einer MdE von 20 v.H. bewertete. Die Beklagte holte zu den Gutachten die beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. O., Diplom-Psychologe und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet vom 8. Juli 2003 ein. Prof. O. beanstandete, dass die von Prof. N. übermittelte Diagnose dem internationalen Diagnosesystemen nicht entspreche. Aktuell sei beim Kläger von geringen Restbefunden einer im Wesentlichen abgeklungenen PTBS auszugehen. Die MdE sei hierfür mit 10 v.H. einzuschätzen. In dieser Höhe sei auch die Gesamt-MdE zu bewerten ausgehend davon, dass auf hno-ärztlichem Gebiet anerkannte Unfallfolgen mit keiner relevanten MdE einzuschätzen seien. Mit Bescheid vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 hat die Beklagte das Ereignis vom 3. Mai 1995 als Arbeitsunfall anerkannt und als Unfallfolgen nach Knalltrauma an beiden Ohren festgestellt:
Geringe Reste einer weitgehend abgeklungenen posttraumatischen Belastungsstörung mit zeitweise und nur teilweise ereignisbezogenen Albträumen sowie spezifi...