Zusammenfassung
Die Hilfe zur Pflege ist ein Leistungssystem der Sozialhilfe (SGB XII). Sie tritt insbesondere dann ein, wenn die aus der Pflegeversicherung (SGB XI) erbrachten Leistungen nicht ausreichen, um die Kosten einer Pflege zu decken. Die Hilfe zur Pflege ist insoweit in ihren Voraussetzungen eng mit dem Recht der Pflegeversicherung abgestimmt. Als Sozialhilfeleistung setzt die Hilfe jedoch zur Pflege voraus, dass finanzielle Bedürftigkeit besteht.
Sozialversicherung: Die Hilfe zur Pflege ist in den §§ 61 bis 66a SGB XII geregelt. Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit richtet sich nach den §§ 15 bis 17 SGB XI.
1 Abgrenzung zur Pflegeversicherung
Die soziale Sicherung bei Pflegebedürftigkeit wurde mit der Einführung der Pflegeversicherung grundlegend neu aufgestellt. Mit den Leistungen der Pflegeversicherung konnte der Anteil der Menschen, die im Falle der Pflegebedürftigkeit auf Sozialhilfeleistungen angewiesen waren, deutlich gesenkt werden. Die Pflegeversicherung ist jedoch kein "Vollabsicherungssystem". Sie übernimmt Kosten nur im Rahmen gesetzlich bestimmter Höchstbeträge und Grenzen. Damit verbleiben Sachverhalte, in denen die Kosten des Pflegebedarfs nicht bzw. nicht in vollem Umfang aus Versicherungsleistungen und aus eigenen Mitteln der Leistungsberechtigten gedeckt werden können. In diesen Fällen übernimmt die Sozialhilfe eine Ergänzungs- und Auffangfunktion. Für die Hilfe zur Pflege ergeben sich damit folgende typische Leistungskonstellationen:
- Das "Teilleistungssystem Pflegeversicherung" kann den pflegerischen Bedarf nicht vollständig abdecken.
- Es besteht ein Bedarf für die von der Pflegeversicherung nicht abgedeckten Kosten der Unterkunft und Verpflegung.
- Leistungen aus der Pflegeversicherung werden nicht erbracht, weil die Pflegebedürftigkeit voraussichtlich nicht für mindestens 6 Monate besteht.
- Ansprüche aus der Pflegeversicherung bestehen nicht, weil die pflegebedürftige Person nicht in der sozialen oder privaten Pflegeversicherung versichert ist.
Mit dem Pflegestärkungsgesetz (PSG III) wurde das Recht der Hilfe zur Pflege zum 1.1.2017 neu gefasst. Dabei besteht zwischen dem Leistungsrecht der Pflegeversicherung und dem Recht der Hilfe zur Pflege aus systematischen Gründen und im Interesse der pflegebedürftigen Menschen eine weitgehende Identität. Dies gilt insbesondere für die Regelungen zur Abgrenzung der Pflegebedürftigkeit, aber auch bei einzelnen Leistungen, wie z. B. dem Pflegegeld.
2 Leistungsvoraussetzungen
2.1 Personenkreis
Anspruch auf Hilfe zur Pflege haben Personen, die pflegebedürftig sind, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus eigenem Einkommen oder Vermögen aufbringen.
Bei Minderjährigen sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.
2.2 Pflegebedürftigkeit
2.2.1 Begriff
Pflegebedürftig ist, wer gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb der Hilfe durch andere bedarf. Pflegebedürftige Personen können danach körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen.
2.2.2 Kriterienkatalog
Zur Konkretisierung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs gilt ein differenzierter, von der Pflegewissenschaft erarbeiteter und erprobter Kriterienkatalog, der in die folgenden 6 Grundbereiche aufgeteilt ist:
- Mobilität (Kriterien sind z. B. Fortbewegen im Wohnbereich, Treppensteigen, Positionswechsel im Bett),
- kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Kriterien sind z. B. Erkennen von Personen, örtliche und zeitliche Orientierung, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen, Beteiligen am Gespräch),
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (Kriterien sind z. B. motorische Auffälligkeiten, aggressives Verhalten, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage),
- Selbstversorgung (Kriterien sind z. B. An- und Auskleiden, Körperpflege, Essen und Trinken),
- Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen (Kriterien sind z. B. Medikation, Verbandswechsel, Arztbesuche) und
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (Kriterien sind z. B. Gestaltung des Tagesablaufs, Kontaktpflege zu Personen).
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff umfasst damit auch kognitive Einschränkungen (z. B. Demenzerkrankungen), in deren Folge die Alltagskompetenz erheblich eingeschränkt ist.
2.2.3 Pflegegrade
Die Hilfe zur Pflege übernimmt neben den Kriterien für die Pflegebedürftigkeit aus der Pflegeversicherung auch die geltende Grundeinteilung der Pflegebedürftigkeit in 5 Pflegegrade. Danach sind pflegebedürftige Personen nach den in einem Begutachtungsverfahren ermittelten Gesamtpunkten folgenden Pflegegraden zuzuordnen:
Pflegegrad 1: |
geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten (ab 12,5 bis unter ... |