Leitsatz
Das Land hatte auf der Grundlage des § 7 UVG beim FamG einen Antrag auf Festsetzung von Unterhalt für das am 16.4.2004 geborene Kind des Antragsgegners im vereinfachten Verfahren gestellt. Der Antrag wurde am 22.12.2005 zugestellt. Bereits am 11.1.2006 - vor Ablauf der Monatsfrist - hat das FamG einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss erlassen. Am 23.1.2006 hat der Antragsgegner gegen den Antrag unter Verwendung des amtlichen Formular Einwendungen erhoben und Leistungsunfähigkeit aufgrund seiner Arbeitslosigkeit geltend gemacht. Zum Beleg für das von ihm erzielte Arbeitslosengeld II reichte er einen Bescheid des Arbeitsamtes nach. Am 27.1.2006 wurde ihm der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 11.1.2006 zugestellt. Am 6.2.2006 hat er hiergegen Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das FamG am 16.2.2006 abgeholfen, da der Beschluss versehentlich vor Ablauf der Einwendungsfrist ergangen sei. Am 21.3.2006 hat das FamG erneut antragsgemäß einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss erlassen, der dem Antragsgegner am 27.3.2006 zugestellt wurde. Hiergegen hat er Beschwerde beim OLG eingelegt.
Sein Rechtsmittel war erfolgreich.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für zulässig und begründet. Dies unter Hinweis auf die Möglichkeit des Antragsgegners, im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsunfähigkeit zu erheben. Von dieser Möglichkeit hatte der Antragsgegner Gebrauch gemacht unter Verwendung des amtlichen Formulars. Ferner hatte er vollständig Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt. Zwar habe er die Einkünfte aus dem Arbeitslosengeld II nicht in das hierfür zu verwendende Formular eingetragen, sondern sich auf die vorgelegten Bescheide bezogen. Insoweit hätte dem Antragsgegner gem. § 139 ZPO nach Auffassung des OLG vor einer ihm nachteiligen Unterhaltsfestsetzung ein Hinweis erteilt und Gelegenheit zur Vervollständigung seiner Angaben im Formular gegeben werden müssen. Ferner habe der Antragsgegner seine Erklärung, vollständig leistungsunfähig zu sein, ebenfalls nicht im amtlichen Formular unter der insoweit einschlägigen Rubrik "G" abgegeben.
Es könne offen bleiben, ob dieser Formfehler den Einwand gem. § 648 Abs. 2 ZPO unzulässig mache. Dafür spreche, dass der gem. § 659 Abs. 2 ZPO zwingend zu verwendende amtliche Vordruck gem. Anlage 2 der Kindesunterhalts-VordruckVO vom 19.6.1998 nunmehr - seit 1.1.2002 - auch die Möglichkeit der Erklärung vollständiger Leistungsunfähigkeit vorsehe, so dass sich die Situation insoweit für die Antragsgegner des vereinfachten Unterhaltsverfahrens seit 1.1.2002 geändert habe. Sofern man den nur außerhalb des amtlichen Formulars erhobenen Einwand der vollständigen Leistungsunfähigkeit als unzulässig ansehe, hätte der Antragsgegner auf diesen offenkundigen Formularausfüllungsfehler ebenfalls gem. § 139 ZPO hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Ergänzung gegeben werden müssen. Dies gebiete das Gebot des fairen Verfahrens.
Das OLG vertrat die Auffassung, es sei nicht prozessökonomisch, durch eine übertriebene Formalisierung des vereinfachten Unterhaltsverfahrens den Antragsgegner auf die Abänderungsklage nach § 654 ZPO zu verweisen, anstatt die Überleitung ins streitige Verfahren nach Maßgabe der §§ 650, 651 ZPO zu ermöglichen.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.06.2006, 2 WF 77/06