Sachverhalt
Bei dem Verfahren ging es um die Höhe des Vorsteuerabzugs einer französischen Holding-Gesellschaft, die mehrere Tochtergesellschaften gekauft hatte und die Mehrwertsteuer auf die Erwerbskosten als Vorsteuer abziehen wollte. Fraglich war weiterhin, ob die Holding, dadurch dass sie in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingreift, Unternehmer i.S.v. Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie ist bzw., wie die von den Tochtergesellschaften bezogenen Dividenden zu behandeln sind.
Entscheidung
Mit dem Urteil hat der EuGH seine bisherige Rechtsprechung zu Holding-Gesellschaften bestätigt. Diese Gesellschaften sind allein auf Grund ihrer Beteiligungen noch keine Unternehmer. Erst wenn sie in die Geschäftspolitik bzw. Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingreifen, können sie wirtschaftliche Tätigkeiten i.S.v. Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie erbringen. Dabei muss es sich aber um steuerbare (entgeltliche) Tätigkeiten i.S.v. Art. 2 der 6. EG-Richtlinie handeln, wie z.B. administrative, finanzielle, kaufmännische oder technische Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften.
Die Umsatzsteuer auf die Erwerbskosten berechtigt die Holding-Gesellschaften nicht ohne Weiteres zum Vorsteuerabzug. Die Kosten stehen nicht direkt und unmittelbar mit steuerbaren Ausgangsumsätzen der Gesellschaft in Verbindung, so dass auf Grund einer unmittelbaren Zuordnung der Vorsteuerabzug weder unmittelbar - auf Grund steuerpflichtiger Ausgangsumsätze - gegeben ist noch unmittelbar - auf Grund steuerfreier Ausgangsumsätze - abgelehnt werden kann. Die Erwerbskosten sind nach dem Urteil aber Teil der allgemeinen Kosten der Holding-Gesellschaft und hängen deshalb grundsätzlich direkt und unmittelbar mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit zusammen. Bei gemischten (steuerfreien und steuerpflichtigen) Umsätzen ist der Vorsteuerabzug demgemäß anhand der Aufteilungsregeln nach Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie zu bestimmen. Für den Fall dass eine Holding-Gesellschaft nur steuerpflichtige Umsätze bewirkt, kann der Vorsteuerabzug auf die Erwerbskosten in vollem Umfang gewährt werden.
Die Dividenden, die die Holding-Gesellschaft von ihren Tochtergesellschaften bezieht, fallen unter keinen Umständen in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, d.h. sie sind nicht steuerbar. Auch insoweit bestätigt der EuGH seine bisherige Rechtsprechung, insbesondere sein Urteil v. 14.11.2000, C-142/99 (Floridienne und Berginvest). Es ist insbesondere nicht danach zu unterscheiden, ob die Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingreift oder nicht. Die Dividenden stellen kein Entgelt für eine Handlung oder einen bestimmten Umsatz der Gesellschaft dar. Da die Dividenden außerhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer stehen, müssen sie auch bei der Ermittlung des Pro-Rata-Satzes des Vorsteuerabzugs nach Art. 19 der 6. EG-Richtlinie unberücksichtigt bleiben. D.h. ein etwaiger Vorsteuerabzug kürzt sich nicht dadurch, dass die Holding-Gesellschaft (im Falle ihrer Steuerbarkeit steuerfreie) Dividenden (Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie) bezieht.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 27.09.2001, C-16/00
(Cibo Participations SA)