Leitsatz
Die Wohnungseigentümer können beschließen zu untersagen, Katzen und Hunde auf dem gemeinschaftlichen Eigentum frei herumlaufen zu lassen.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 WEG
Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen unter der Überschrift "Ergänzung der Hausordnung" wie folgt:
"Es ist untersagt, Katzen und Hunde auf dem Gemeinschaftsgelände frei herumlaufen zu lassen, wie zum Beispiel Treppenhäuser, Laubengänge, Kellerbereiche, Tiefgaragen, Außenanlagen und Gartenanlage."
Hiergegen wendet sich die Wohnungseigentümerin K, die Katzen hat und diese freilaufen lässt. Das Amtsgericht gibt der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten Wohnungseigentümer.
Die Entscheidung
- Mit Erfolg! Der Beschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Eine Hausordnung enthalte im Wesentlichen Verhaltensvorschriften, mit denen der Schutz des Gebäudes, die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung und die Erhaltung des Hausfriedens sichergestellt werden soll, wobei insbesondere die §§ 13, 14 WEG, das öffentliche Recht und die Verkehrssicherungspflichten zu beachten seien. Dabei müssten die Regelungen der Hausordnung ordnungsmäßiger Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 3 WEG und einem ordnungsmäßigen Gebrauch i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG entsprechen (Hinweis auf LG Frankfurt a.M. v. 12.5.2015, 2-13 S 127/12, IMR 2015 S. 292).
- Bei Anlegung dieser Maßstäbe entspreche die angegriffene Regelung ordnungsmäßiger Verwaltung. Die "Regelungen" verlangten einen vernünftigen Kompromiss zwischen den gegensätzlichen Interessen, hier der von Tierhaltern und Nichttierhaltern. Dem werde die angegriffene Regelung gerecht. Die Haustierhaltung gehöre nicht zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohnungseigentum. Daher könne in einer Hausordnung eine Regelung über einen Leinenzwang von Hunden und Katzen enthalten sein, da dadurch gewährleistet werde, dass jeder Sondereigentümer vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch machen könne, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus ein Nachteil erwachse. Dem werde die angegriffene Regelung gerecht. Sie halte sich ferner im Rahmen des weiten Ermessens, welches den Wohnungseigentümern bei der Regelung der Tierhaltung zustehe (Hinweis auf BGH v. 8.5.2015, V ZR 163/14).
- Durch eine Anleinpflicht werde Belästigungen entgegengewirkt. Durch sie werde sichergestellt, dass "das Tier in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt" sei. So könne sichergestellt werden, dass das Tier bestimmte Bereiche – wie etwa den Spielplatz – nicht betrete oder verunreinige und im Übrigen sich das Tier in Begleitung einer Person befinde, die jederzeit auf das Tier einwirken, etwaige Verunreinigungen unverzüglich beseitigen und Störungen, die von dem Tier ausgingen, unterbinden könne. Dementsprechend würden in der Rechtsprechung entsprechende Regelungen einhellig für zulässig gehalten (Hinweis unter anderem auf BayObLG v. 2.6.2004, 2 Z BR 99/04, NJW-RR 2004 S. 1380, LG Lüneburg v. 15.5.2012, 9 S 73/11, ZMR 2012 S. 728 und AG München v. 21.3.2013, 484 C 18498/12, ZMR 2013 S. 573).
- Die Regelung komme auch keinem Katzenhaltungsverbot gleich. Den klagenden Wohnungseigentümern bleibe es unbenommen, Hauskatzen in ihrem Sondereigentum zu halten und sie am freien Auslauf auf dem Grundstück zu hindern.
Kommentar
Viele Wohnungseigentümer scheinen über die Frage, ob Hunde und Katze anzuleinen sind, streiten zu können und zu wollen. In dieser "endlosen Geschichte" ist die Entscheidung ein weiterer Baustein. Ist er aber auch richtig? Unproblematisch sind meines Erachtens nur Vereinbarungen (auch das ist aber streitig). Haben die Wohnungseigentümer vereinbart, Hunde und Katzen anzuleinen, ist diese Regelung wirksam. Wird eine Anleinpflicht beschlossen, kommt es hingegen darauf an, ob von den Hunden und Katzen Störungen ausgehen. Denn nur bei einer Störung ist eine Gebrauchsregelung möglich. Man denke etwa an einen Hund, der nicht laufen kann und stets getragen wird: Warum soll man diesen Hund anleinen? Insoweit kommt man nur weiter, wenn man eine potenzielle Störung ausreichen lässt. Dies wird überwiegend bejaht – selbst der Bundesgerichtshof ließ mögliche Störungen bereits als Störung ausreichen (siehe die Nachweise bei Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage 2015, § 14 Rn. 13).
Was ist für den Verwalter wichtig?
Wird eine Anleinpflicht beschlossen, gilt das auch für Hunde und Katzen, die im Eigentum eines Mieters stehen. Wird gegen eine Anleinpflicht verstoßen, muss der Verwalter die Hausordnung "durchführen". Siehe hierzu Drabek in Deckert, ETW Durchführung der Hausordnung und der Gebrauchsregelungen. Bei einem Verstoß gegen eine Anleinpflicht sollte der Verwalter den betreffenden Wohnungseigentümer oder Mieter anschreiben. Hält der Verstoß an, sind die anderen Wohnungseigentümer zu informieren und es ist von diesen zu klären, was zu unternehmen ist.
Muster: Durchführung der Hausordnung
Anschreiben
Anleinpflicht
Sehr geehrter Herr ____,
Sie haben am ___ um __...