Das Wichtigste in Kürze:
1. | Wenn der Betroffene nicht einräumt, das Kfz im Zeitpunkt der Tat gefahren zu haben, stellt sich die Frage, ob ein ggf. vorliegendes Messfoto eine hinreichend sichere Identifizierung ermöglicht. |
2. | Die Auswertung eines Messfotos erfolgt in mehreren Schritten. |
3. | Ein morphologisches Gutachten kann schriftlich eingeholt werden. |
4. | Die Messfotos werden in digitalen Formaten gefertigt, die mit den üblichen Programmen nicht zu öffnen sind. Es ist streitig, ob die Hergabe der Datei vom Messfoto in einem Format verlangt werden kann, die mit einem handelsüblichen Programm zu öffnen ist. |
5. | Für den Schuldspruch ist die Auswertung des Messfotos nur ein Teil der Beweisführung. |
6. | Nicht selten versuchen die Bußgeldstellen, sich Gewissheit über die Identität des Betroffenen mittels eines Vergleichs von einem Foto aus dem Pass- oder Melderegister zu verschaffen. |
Rdn 2554
Literaturhinweise:
Arbeitsgruppe für die anthropologische Identifikation lebender Personen aufgrund von Bilddokumenten, Standards für die anthropologische Identifikation lebender Personen aufgrund von Bilddokumenten, NStZ 1999, 230
Bellmann, Täteridentifikation anhand eines Lichtbildes – Teil 1: Wiedererkennen und Identifizieren, StRR 2011, 419
dies., Täteridentifikation anhand eines Lichtbildes – Teil 2: Bildmaterial, StRR 2011, 463
dies., Täteridentifikation anhand eines Lichtbildes – Teil 3: Gutachten, StRR 2012, 18
Burhoff, Die Widerspruchslösung in bußgeldrechtlichen Verfahren (mit Checkliste "ABC der Beweisverwertungsverbote"), VA 2013, 16
ders., So müssen Sie auf die "Widerspruchslösung" in bußgeldrechtlichen Verfahren reagieren, VA 2013, 35
Demandt, Die Lichtbildidentifizierung im Ordnungswidrigkeitenverfahren, SVR 2009, 379
Fromm, Das anthropologische Sachverständigengutachten im Alltag des bußgeldrechtlichen Massengeschäfts
Gabriel/Huckenbeck/Kürpiers, Über die Fragwürdigkeit der Berechnung einer Identitätswahrscheinlichkeit in anthropologischen Gutachten, NZV 2014, 346
Geipel/Spies, Verteidigungshinweise zum Umgang mit anthropologischen Identitätsgutachten, StRR 2007, 216
Hassemer/Topp, Datenschutz und Verkehrsrecht, NZV 1995, 169
Huckenbeck/Gabriel, Fahreridentifizierung anhand von Messfotos, NZV 2012, 201
Huckenbeck/Krumm/Ramsthaler, Zur Werteinschätzung des Lichtbildvergleichsgutachtens im Verkehrsrecht, NZV 2022, 545
Knußmann, Zur Wahrscheinlichkeitsaussage im morphologischen Gutachten, NStZ 1991, 175
ders., Die vergleichende morphologische Analyse als Identitätsnachweis, StV 1983, 127
Niemitz, Identifikation von Personen anhand Lichtbildern – ein Beitrag zur Methodendiskussion im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, DAR 2011, 768
ders., Zur Methodik der anthropologisch-biometrischen Begutachtung einzelner Tatfotos und Videoaufzeichnungen, NZV 2006, 130
Nobis, Beweisverwertungsverbot bei Weitergabe eines Lichtbildes durch die Meldebehörde, DAR 2002, 299
Schäpe, Grenzen der Fahrerermittlung durch die Behörde, DAR 1999, 186
Schott, Identitätsgutachten im Rahmen von Verkehrsdelikten, NZV 2011, 169
ders., Identitätsgutachten im Rahmen von Verkehrsdelikten, NZV 2011, 169
ders., Das menschliche Ohr – Ein besonderer Merkmalskomplex zur Identitätsprüfung im Rahmen der Erstellung von anthropologischen Vergleichsgutachten bei Verkehrsdelikten, NZV 2014, 393
Staub, Prozessuale Voraussetzungen zur Identifizierung des Betroffenen/der Betroffenen anhand eines "Fotos" und den damit verbundenen Folgen für das Rechtsbeschwerdeverfahren, DAR 2016, 293
Steffens, Verwertungsverbot im Bußgeldverfahren bei Übermittlung von Meldedaten einschließlich des Lichtbildes, StraFo 2002, 222
vgl. auch die Hinw. bei → Identifizierung anhand eines Lichtbildes, Anforderungen an das tatgerichtliche Urteil, Rdn 2572.
Rdn 2555
1.a) Wenn der Betroffene nicht einräumt, das Kfz im Zeitpunkt der Tat gefahren zu haben, stellt sich die Frage, ob ein ggf. vorliegendes Messfoto eine hinreichend sichere Identifizierung ermöglicht. Gelegentlich ist das Messfoto bereits dem Anhörungsbogen beigefügt, anderenfalls erhält der Verteidiger mit der Akteneinsicht einen Ausdruck von der Datei. Regional unterschiedlich handhaben die Bußgeldstellen, in welcher Form das Messfoto zur Akte genommen wird. Teilweise wird es dabei belassen, nur das Messfoto als solches in die Akte aufzunehmen, teilweise wird gleichzeitig eine Ausschnittvergrößerung vom Fahrer gefertigt. Es handelt sich jedoch stets um Ausdrucke auf Kopierpapier, wodurch die Qualität des Fotos leidet (vgl. OLG Hamm VA 2004, 118). Ist ein solcher Ausdruck unscharf und/oder kontrastarm, lässt sich daraus noch nicht schließen, dass die Identifikation letztlich unmöglich ist. Denn die Bußgeldstelle und das Gericht können zum einen auf die digitale Datei zurückgreifen oder auf Fotopapier ein Hochglanzlichtbild fertigen lassen, womit die Identifizierung des Fahrers in weitaus größerem Umfang möglich ist. Nur wenige Bußgeldstellen machen von der Möglichkeit Gebrauch, generell die Aufnahme mittels einer CD als Datei der Akte beizufügen (zum ...
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