2.3.3.1 Haftung im Gründungsstadium bei Vorliegen eines Handelsgewerbes
Rz. 81
Haftung der Gesellschaft
Da eine GmbH & Co. KG, die ein Handelsgewerbe i. S. d. § 1 Abs. 2 HGB betreibt, bereits mit Geschäftsbeginn als KG entsteht (siehe Rn. 75), haftet sie ab diesem Zeitpunkt für alle im Namen der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten mit ihrem Gesellschaftsvermögen gemäß §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB.
Rz. 82
Haftung der Komplementär-GmbH
Neben dieser Haftung besteht von diesem Zeitpunkt an die Haftung der Komplementär-GmbH gemäß §§ 128, 161 Abs. 2 HGB, unabhängig davon, ob Komplementärin eine eingetragene GmbH oder eine Vor-GmbH ist.
Rz. 83
Haftung der Kommanditisten
Die Haftung der Kommanditisten richtet sich nach § 171 Abs. 1 HGB. Ein Kommanditist einer GmbH & Co. KG mit Handelsgewerbe haftet von Geschäftsbeginn an – also mit Entstehung der KG im Verhältnis zu Dritten – persönlich und unmittelbar bis zur Höhe seiner Einlage. Von dieser Haftung ist er befreit, wenn er die Einlage in das Gesellschaftsvermögen geleistet hat.
Rz. 84
Eine darüber hinausgehende unbeschränkte persönliche Haftung eines Kommanditisten gemäß § 176 Abs. 1 HGB kommt bei einer GmbH & Co. KG in der Regel nicht in Betracht. Zwar haftet nach § 176 Abs. 1 HGB ein Kommanditist für die bis zur Eintragung der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter – also persönlich und unbeschränkt.
Rz. 85
§ 176 Abs. 1 HGB setzt hierfür voraus, dass die KG ein Handelsgewerbe betreibt, vor der Eintragung in das Handelsregister ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen und der betreffende Kommanditist dem Geschäftsbeginn zugestimmt hat. Die Haftung gemäß § 176 HGB entfällt jedoch, wenn dem Gläubiger die Beteiligung als Kommanditist bekannt war (§ 176 Abs. 1 Satz 1 HS 2 HGB).
Rz. 86
Die ganz überwiegende Meinung im Schrifttum geht davon aus, dass ein Gläubiger immer Kenntnis von der Kommanditistenstellung habe, wenn die Gesellschaft die Firma einer GmbH & Co. KG verwendet. Da in einer GmbH & Co. KG üblicherweise alle Gesellschafter außer der Komplementär-GmbH Kommanditisten sind, rechnet im Geschäftsverkehr niemand mehr damit, dass eine natürliche Person persönlich haftet, wenn eine Gesellschaft eine GmbH & Co. KG-Firma führt. Der BGH war zunächst der Ansicht, dass die Kenntnis von der Kommanditbeteiligung nicht allein aus der Verwendung einer GmbH & Co. KG-Firma hergeleitet werden könne. Von diesem Standpunkt ist er abgerückt, als er in einem später ergangenen Urteil feststellte, dass mit Inkrafttreten des § 19 Abs. 5 HGB a. F. (am 1.1.1981), nunmehr § 19 Abs. 2 HGB, der die GmbH & Co. KG zur Führung eines entsprechenden Firmenzusatzes verpflichtet (siehe Rn. 99), im Rechtsverkehr niemand mehr damit rechnen könne, ein nicht eingetragener Gesellschafter einer GmbH & Co. KG sei kein Kommanditist.
Rz. 87
Auch wenn der BGH im oben zitierten Urteil über diese Stellungnahme hinaus keine Entscheidung zur Haftung von Kommanditisten einer nicht eingetragenen GmbH & Co. KG gemäß § 176 HGB getroffen hat, lässt er doch deutlich die Tendenz erkennen, er werde diese Haftung jedenfalls für solche Geschäfte verneinen, die nach Inkrafttreten des § 19 Abs. 5 HGB a. F. (nunmehr § 19 Abs. 2 HGB) abgeschlossen worden sind.
Rz. 88
Der vom BGH gewählte Zeitpunkt erscheint willkürlich, denn schon vor der Kodifizierung der Regelung des § 19 Abs. 5 HGB a. F. gab es eine gefestigte Rechtsprechung dahin gehend, dass eine GmbH & Co. KG in ihrer Firma einen entsprechenden Zusatz führen muss. Im Ergebnis ist es richtig, dass die Verwendung einer GmbH & Co. KG-Firma genügt, um Kenntnis von der Kommanditistenstellung eines Gesellschafters zu erlangen und um damit eine Haftung gemäß § 176 HGB auszuschließen.
2.3.3.2 Haftung im Gründungsstadium bei fehlendem Handelsgewerbe
Rz. 89
Grundsätzliches
Bei einer Gesellschaft, die kein Handelsgewerbe i. S. des § 1 Abs. 2 HGB betreibt und noch nicht im Handelsregister eingetragen ist, richtet sich die Haftung nach dem Recht der BGB-Gesellschaft. Nach der herkömmlichen Auffassung, die eine eigene Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft ablehnt, werden aus Rechtsgeschäften, die die geschäfts- und vertretungsbefugten Gesellschafter im Namen der Gesellschaft abschließen, alle Gesellschafter zur gesamten Hand verpflichtet. Hiernach haften also alle Gesellschafter als Gesamtschuldner persönlich und unbeschränkt in voller Höhe der Verbindlichkeit.
Nach der nunmehr herrschenden Auffassung, die in der Gesellschaft ein besonderes Zuordnungsobjekt sieht,...