Leitsatz
Werden Forderungen zur Sicherheit abgetreten und fällt der Sicherungsgeber später in Insolvenz, darf nicht der Gläubiger, sondern ausschließlich der Insolvenzverwalter die Forderung einziehen. Auch durch besondere Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Drittschuldner kann diese Einziehungsbefugnis nicht umgangen werden.
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte die kreditgebende Bank ihr Heil in einer Treuhandvereinbarung mit dem Drittschuldner gesucht, wonach zur Entgegennahme der Zahlung auf die abgetretene Forderung nur noch die Bank zuständig sein sollte. Dieser Umgehung des § 166 InsO hat der BGH eine klare Absage erteilt: Die gesetzliche Regelung sei angesichts ihres Regelungszwecks zwingend und stehe nicht zur Disposition durch vertragliche Vereinbarungen. Der BGH sah dies als so eindeutig an, dass er die vom vorlegenden OLG Rostock erwünschte Grundsatzentscheidung formell verweigert hat - er hat die Rücknahme der Revision angeregt.
Hinweis
Zur Absicherung von Ansprüchen ist neben der Sicherungsübereignung die Sicherungsabtretung die hierzulande praktisch wichtigste Mobiliarsicherheit. Gerade die Risiken einer Insolvenz des Schuldners sollen hiermit eingeschränkt werden, weshalb Vereinbarungen zwischen Gläubigern und Schuldnern regelmäßig vorsehen, dass der Sicherungsfall u.a. mit Stellung des Insolvenzantrags eintritt. Spätestens jetzt darf der Sicherungsnehmer die Abtretung offenlegen und die Forderungen von den Drittschuldnern einziehen. Dieser vertraglichen Verwertungsbefugnis des Sicherungsnehmers steht ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens die ausschließliche gesetzliche Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 2 InsO entgegen. Hiernach darf ausschließlich der Insolvenzverwalter zur Sicherheit abgetretene Forderungen einziehen. Ob dieser die Forderung mit der gleichen Schärfe wie der Gläubiger verfolgt, erscheint letzterem häufig zweifelhaft. Der Wunsch der Sicherungsgläubiger, die gesetzliche Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters zu umgehen, ist daher nur allzu verständlich.
Die ausschließliche Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters entsteht mit dem Insolvenzeröffnungsbeschluss. Der Sicherungsnehmer ist nur Absonderungsberechtigter, dem der Verwalter allerdings zur raschen und bestmöglichen Verwertung verpflichtet ist. Der Insolvenzverwalter kann für seine Bemühungen jedoch einen Kostenbeitrag gemäß § 171 InsO in Höhe von 9% des Verwertungserlöses verlangen. Er wird dem Erlös vorab entnommen und der Gläubiger wird erst aus dem Rest befriedigt. Gläubiger, die befürchten, dass der Verwalter Gegenrechte der Drittschuldner (z.B. Mängeleinreden) nicht mit dem gleichen Eifer bekämpft wie sie, sind nur durch die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO geschützt. Dem Sicherungsgläubiger bleibt nur die aktive Nutzung seiner Befugnisse nach §§ 167 bis 169 InsO, mit welchen er sich über Bestand und beabsichtigte Verwertung der Forderung informieren und den Insolvenzverwalter auf wirtschaftlich günstigere Verwertungsmöglichkeiten in haftungsrelevanter Weise hinweisen kann.
Im Insolvenzeröffnungsverfahren - also zwischen Insolvenzantrag und Eröffnungsbeschluss - bleibt die vertragliche Einziehungsbefugnis des Sicherungsgläubigers hingegen unberührt. Es sei denn, das Insolvenzgericht ordnet ausdrücklich einen Einziehungsstopp an. Allein die zeitliche Nähe der Einziehung zur Insolvenzeröffnung und die Vermeidung der 9%-igen Kostenbeteiligung machen die Verwertung dabei nicht anfechtbar (BGH, Urteil v. 20.11.2003, IX ZR 259/02, NJW-RR 2004, 340). Probleme können im Rahmen von revolvierenden Globalzessionen nur insoweit bestehen, als die abgetretenen Forderungen selbst erst im kritischen Zeitraum, also drei Monate vor dem Insolvenzantrag oder später, entstanden sind (BGH, Urteil v. 29.11.2007, IX ZR 30/07, NJW 2008, 430). Es ist daher jedem Gläubiger anzuraten, die wirtschaftliche Entwicklung seines Schuldners sorgfältig zu überwachen, auch wenn ihm Forderungen zur Sicherheit abgetreten wurden. Denn nur dann kann es ihm gelingen, die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzuziehen.
Aus der Perspektive des Drittschuldners ist die Einziehungsbefugnis des Gläubigers sorgfältig zu prüfen. Ist im Insolvenzeröffnungsverfahren unklar, ob das Gericht einen Einziehungsstopp angeordnet hat, so kann nur die Hinterlegung empfohlen werden. Nach dem Eröffnungsbeschluss sollte im Zweifel nur an den Insolvenzverwalter geleistet werden, denn eine Leistung an einen Gläubiger, welchem die Forderung nicht ausdrücklich vom Verwalter nach § 170 Abs. 2 InsO zur Einziehung überlassen worden ist, würde den Drittschuldner nicht befreien. Er müsste nochmals an den Insolvenzverwalter leisten und hätte das Risiko der Rückerlangung vom Gläubiger zu tragen.
Die Regelung in § 166 Abs. 2 InsO erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die Sicherungszession, nicht aber die klassische Forderungsverpfändung. Verpfändete Forderungen kann der Sicherungsn...