8.1

Die Zuordnung eines Grundstücksmerkmals zu den allgemeinen oder zu den besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmalen obliegt sachverständiger Einschätzung. Hierbei sind die Gegebenheiten des jeweiligen Grundstücksmarkts zu berücksichtigen. Dabei kann dasselbe Grundstücksmerkmal auf einem Grundstücksmarkt zu den allgemeinen Merkmalen zählen, auf einem anderen Grundstücksmarkt jedoch, auf dem das Vorliegen dieses Merkmals unüblich ist, kann eine Berücksichtigung als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal sachgerecht sein.

 

8.2

Sämtliche Grundstücksmerkmale sind in der Weise bzw. in der Höhe zu berücksichtigen, die ihrem Werteinfluss am Grundstücksmarkt entspricht.

 

8.(3).1

Eine Einordnung als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal kommt in Betracht, wenn das Merkmal in einer für diesen Grundstücksmarkt unüblichen Weise, Ausprägung oder Intensität vorliegt oder wenn das Merkmal erheblich von den zugrunde gelegten Modellen oder Modellansätzen abweicht.

 

8.(3).2

Besondere Ertragsverhältnisse (§ 8 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1) liegen bei einer erheblichen Abweichung der tatsächlich erzielten von den marktüblich erzielbaren Erträgen vor. Sie können sich u. a. ergeben

  • auf Grund wohnungs-, vertrags-, pacht- oder mietrechtlicher Bindungen (s. hierzu auch Nummer 46.(2).5),
  • bei vorhandenen Baumängeln und Bauschäden (sofern entsprechende Wertminderungen nicht nach § 8 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 [vgl. auch Nummer 8.(3).3] als besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale erfasst werden),
  • bei Erträgen aus Werbeträgern, Mobilfunkmasten und Ähnlichem,
  • bei Vorliegen von Ertragsbestandteilen für Inventar, Zubehör und Ähnliches oder
  • aus abweichenden Vereinbarungen zur Umlage von Kosten (z. B. zu den üblicherweise vom Mieter zu tragenden Betriebskosten und zu den üblicherweise vom Vermieter zu tragenden Instandhaltungskosten).
 

8.(3).3

Baumängel (§ 8 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2) sind Fehler, die bei der Herstellung eines Bauwerks infolge fehlerhafter Planung oder Bauausführung einschließlich der Verwendung mangelhafter Baustoffe den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch einer baulichen Anlage aufheben oder mindern. Bauschäden sind Beeinträchtigungen eines Bauwerks, die infolge eines Baumangels (Mangelfolgeschäden), äußerer (gewaltsamer) Einwirkungen (wie z. B. durch Sturm, Starkregen oder Feuer) oder unterlassener oder nicht ordnungsgemäß ausgeführter Instandhaltung auftreten. Eine Abgrenzung von Baumängeln und den daraus resultierenden Mangelfolgeschäden einerseits sowie den (sonstigen) Bauschäden andererseits ist im Rahmen der Wertermittlung im Regelfall nicht erforderlich. Wertminderungen aufgrund von Baumängeln oder Bauschäden können

  • nach Erfahrungswerten,
  • unter Zugrundelegung von Bauteiltabellen oder
  • unter Berücksichtigung der Schadensbeseitigungskosten

ermittelt werden.

 

8.(3).4

§ 8 Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 regelt nicht nur die Berücksichtigung von Liquidationsobjekten, die zur alsbaldigen Freilegung anstehen, als besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale, sondern enthält auch eine Legaldefinition der Liquidationsobjekte.

 

a)

Von einer fehlenden wirtschaftlichen Nutzbarkeit einer baulichen Anlage im Sinne der Legaldefinition ist, unter Berücksichtigung des Handelns der Marktteilnehmer im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, insbesondere auszugehen,

  • wenn sie aus tatsächlichen Gründen, z. B. aufgrund von Mängeln und Schäden der Bausubstanz, ungeeigneter Lage oder aus rechtlichen Gründen nicht genutzt werden kann und die Nutzbarkeit nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise herbeigeführt werden kann,
  • wenn eine erhebliche Unterausnutzung vorliegt und eine Anpassung der Bebauung oder Nutzung rechtlich oder tatsächlich nicht möglich oder sie wirtschaftlich nicht vorteilhaft ist,
  • wenn dauerhaft von einer fehlenden Nachfrage zur Nutzung des Objektes auszugehen ist.

Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens kann sich ein Hinweis auf eine nicht mehr wirtschaftlich nutzbare bauliche Anlage ergeben, wenn der Bodenwertverzinsungsbetrag den Reinertrag erreicht oder übersteigt bzw. wenn der nicht abgezinste Bodenwert für eine planungsrechtlich zulässige Nutzung ohne Berücksichtigung der Freilegungskosten den vorläufigen Ertragswert erreicht oder übersteigt.

 

b)

Bei Liquidationsobjekten, die im Sinne des § 8 Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 zur alsbaldigen Freilegung anstehen, sind zur Ermittlung der Wertminderungen, die entsprechend dem Handeln der Marktteilnehmer im gewöhnlichen Geschäftsverkehr durch Freilegungs-, Teilabbruch- oder Sicherungsmaßnahmen entstehen, gegebenenfalls zu berücksichtigen

  • die anfallenden Kosten,
  • die Verwertungserlöse für abgängige Bauteile und
  • die ersparten Baukosten z. B. durch die Verwendung vorhandener Bauteile.
 

c)

Wenn bei Liquidationsobjekten eine Freilegung vorübergehend aufgeschoben oder dauerhaft ausgeschlossen ist, ist im Hinblick auf die Bodenwertermittlung § 43 (nutzungsabhängiger Bodenwert) zu beachten.

 

8.(3).5

Die Wertminderung...

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