Leitsatz

  1. In der Regel keine Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses bei Anfechtungen positiver oder negativer Beschlüsse
  2. Verneinte Geltendmachung von Ansprüchen entspricht grundsätzlich nur ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Ansprüche offensichtlich nicht bestehen
  3. Im Allgemeinen muss eine Gemeinschaft keine Sicherheit für etwaige Aufopferungsansprüche nach § 14 Nr. 4 WEG leisten
 

Normenkette

§§ 14 Nr.4, 21 Abs. 4 und 5 Nr. 2, 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, 44 Abs. 4 WEG

 

Kommentar

  1. Eine formal korrekt zustande gekommene Ablehnung eines Beschlussantrags durch die Eigentümer besitzt nach der Rechtsprechung des BGH Beschlussqualität. Es handelt sich insoweit um einen Negativbeschluss, demnach keinen Nichtbeschluss (BGHZ 148, 335 und 152, 46 sowie im Anschluss daran BayObLGZ 2002, 20/25 und 247/249). Dem einzelnen Eigentümer steht es offen, auch einen solchen Negativbeschluss durch Anfechtung gerichtlich überprüfen zu lassen; das Anfechtungsrecht dient der Durchsetzung einer ordnungsgemäßen Verwaltung (BayObLG, ZfIR 1999, 194). Nicht erforderlich ist es, dass der anfechtende Eigentümer persönlich betroffen ist oder sonstige Nachteile erleidet (BGH v. 17.7.2003, V ZB 11/03). Ein Rechtsschutzbedürfnis ist in Beschlussanfechtungsverfahren deshalb regelmäßig nicht zu prüfen.

    Ein anfechtender Eigentümer muss auch nicht zugleich mit seiner Anfechtung einen Vornahme- oder Verpflichtungsantrag verbinden (BGH v. 19.9.2002, V ZB 30/02, BGHZ 152, 46; Wenzel, ZWE 2000, 382/386; Deckert ZMR 2003, 153/158). Ein Negativbeschluss entfaltet allerdings für Eigentümer keine Sperrwirkung. Wird er jedoch nicht fristgemäß angefochten, kann der bestandskräftig gewordene Beschluss in der Regel einem späteren Verpflichtungsantrag entgegengehalten werden. Es spielt auch keine Rolle, ob mit der gerichtlichen Aufhebung eines Negativbeschlusses der ursprüngliche Antrag des Wohnungseigentümers unmittelbar wieder auf der Tagesordnung steht und über ihn erneut Beschluss gefasst werden muss (so Hadding, ZWE 2001, 179/183) oder ob es im Belieben des Eigentümers steht, sein Anliegen in der nächsten Eigentümerversammlung weiter zu verfolgen oder auf sich beruhen zu lassen.

  2. Der hier angefochtene Negativbeschluss entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Zwar würde ein Beschluss, der die Prüfung und etwaige Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu Gunsten der Gemeinschaft ablehnt, im Allgemeinen nur dann zu billigen sein, wenn solche Ansprüche offenkundig nicht in Betracht kommen (BayObLG v. 24.3.1994, 2Z BR 18/94, WuM 1994, 571) oder ersichtlich nicht durchsetzbar sind. Eine genaue tatsächliche oder juristische Prüfung möglicher Rückforderungsansprüche (Schadensersatz - bzw. Bereicherungsansprüche) durch das Gericht ist weder erforderlich noch statthaft. Nach objektiv vernünftiger Betrachtungsweise unter Berücksichtigung des konkreten Geschehens (hier: im Zusammenhang mit einer Dachsanierung) liegen allerdings im vorliegenden Fall Rückforderungsansprüche so fern, dass bereits ein Beschluss, die Erfolgsaussichten bei Geltendmachung derartiger Ansprüche anwaltlich überprüfen zu lassen, nicht im Interesse der Gesamtheit der Gemeinschaft gelegen hätte.
  3. Demgegenüber ist ein Beschluss nicht hinreichend bestimmt und deshalb auch für ungültig zu erklären, wenn er - wie hier - nicht ausreichend erkennen lässt, ob Eigentümer eine bestimmte Untersuchungsmaßnahme (hier: über tatsächlich vorliegende Mängel im Bereich des Gemeinschaftseigentums) abgelehnt haben. Vorliegend hätte die Gemeinschaft veranlassen müssen, behaupteten Mängeln und deren möglichen Ursachen nachzugehen (hier: im Bereich der Außenisolierung). Erst auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse kann ein Beschluss, der die Sanierung ablehnt, ordnungsgemäßer Verwaltung genügen. Bei der Forderung des Eigentümers kann insoweit auch nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Absicht gesprochen werden.
  4. Im Allgemeinen besteht kein eigenständiger materiellrechtlicher Anspruch eines Eigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer, ihm im Hinblick auf mögliche Schädigungen seines Sondereigentums durch Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eine Sicherheit zu stellen. Auch für etwaige Erstattungsansprüche nach § 14 Nr. 4 WEG haften die übrigen Eigentümer einem geschädigten Sondereigentümer unbeschränkt, so dass dem Eigentümer in der Regel eine ausreichend große Haftungsmasse zur Verfügung steht, so dass sich auch aus dem Gemeinschaftsverhältnis unter den Eigentümern ein Anspruch auf weitergehende Sicherung nicht begründen lässt. Das KG (KG v. 10.2.1986, 24 W 4146/85, NJW-RR 1986, 696) hat zwar darüber hinaus in einem vergleichbaren Fall eine verfahrensrechtliche Sicherung nach § 43 Abs. 2 WEG und § 44 Abs. 4 WEG im Wege richterlicher Anordnung erwogen. Die Vorinstanzen und auch der Senat sehen allerdings keinen Anlass, einen Antragsteller wegen bisher nicht näher dargestellter Ansprüche aus § 14 Nr. 4 WEG weitergehend abzusichern.
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 26.09.2003, 2Z BR 25/03

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