I. Gesetzlicher Mindestinhalt, gesetzliche Mustersatzung
Rz. 28
Die Regelungen zu Gesellschaftszweck und Gesellschaftsverfassung werden formal in den getrennten Dokumenten
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Memorandum of Association (MOA) – Angaben zu Gesellschaftszweck und genehmigtem Kapital und gezeichnetem Kapital – und |
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Articles of Association (AOA) – Regelungen zu Geschäftsführung und Beschlussfassung der Gesellschafter, Gesellschaftsverfassung im eigentlichen Sinne – |
abgebildet.
Rz. 29
Memorandum of Association:
Der folgende Inhalt ist vorgeschrieben, Section 4 (1) CA:
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Firmenname mit dem Zusatz "Private Limited" |
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Bundesstaat des Gesellschaftssitzes |
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Gesellschaftszweck |
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Angabe zur Beschränkung der Haftung der Gesellschafter auf ausstehende Einlagen |
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Angaben zur Höhe des genehmigten Kapitals |
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Angaben zu dem durch die einzelnen Gesellschafter gezeichneten Kapital |
Das Gesetz macht im Anhang I zum CA eine Vorgabe für den Wortlaut der allgemeinen Regelungen des Memorandum of Association, Schedule I Table A CA.
Rz. 30
Articles of Association:
Der als Standardsatzung vorgegebene Inhalt, Section 5 CA i.V.m. Schedule I Table F CA, umfasst die nachfolgend aufgeführten Themenkreise. Diese sind teilweise gesetzlich zwingend in der Satzung aufzunehmen, teilweise fakultativ und in der Standardsatzung als allgemeine Empfehlung enthalten:
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Verfahrensregeln für die Geschäftsführung |
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Dividenden und Rücklagenbildung |
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Jahresabschluss und Abschlussprüfung |
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Darlehensaufnahme |
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Liquidation |
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Besondere Amtsinhaber bei der Gesellschaft |
Rz. 31
Fakultative Regelungsbereiche:
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Vertagung der Gesellschafterversammlung |
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Haftungsfreistellung für Amtsinhaber |
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Geschäftsordnung bei Gesellschafterversammlungen |
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Firmensiegel |
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Detailregelungen zum Verfahren des Board of Directors |
II. Gestaltungsfreiheit bei der Satzung
Rz. 32
Weitreichende Abweichungen von der Standardsatzung sind möglich, soweit sie zwingenden gesetzlichen Vorschriften nicht entgegenstehen. Im Falle von Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures, siehe Rdn 109) ist die Standardsatzung weitgehend ungeeignet, die Interessenlage sinnvoll abzubilden. Eine individuelle Anpassung an die spezifische Interessenlage und in Einklang mit der Gesellschaftervereinbarung ist unbedingt erforderlich. Auch bei 100 %-Tochtergesellschaften sind einzelne individuelle Anpassungen in der Praxis häufig, insbesondere um den Themenkreis der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung abzubilden (siehe Rdn 31).
III. Firmenname
Rz. 33
Das ROC prüft im Rahmen des Gründungsverfahrens die Zulässigkeit des beantragten Firmennamens. Der Firmenname darf keine "zu nahe Ähnlichkeit" aufweisen zu dem Namen einer bereits bestehenden Gesellschaft, Section 4 (2) (a) CA. Es erfolgt auch eine Beurteilung dazu, ob der beantragte Name eine Irreführung darstellt. Des Weiteren unzulässig sind Namensbestandteile, die gegen Gesetze oder die öffentliche Ordnung verstoßen, Section 4 (2) (b) CA. Hierunter fällt auch die Ähnlichkeit zu einer eingetragenen oder beantragten Marke. Des Weiteren sind solche Namen unzulässig, die zu der Annahme führen können, es handele sich um eine Gesellschaft mit hoheitlichem Status, Section 4 (3) CA. Einzelheiten sind in Ausführungsvorschriften enthalten, Abschnitte 8A und 8B Companies (Incorporation) Rules, 2014. Erfolgte die Erlangung eines Firmennamens unter Angabe unzutreffender Tatsachen, so kann das ROC neben der Verhängung von Bußgeldern die Änderung des Namens verlangen, ebenso jedoch die Löschung oder Liquidation von Amts wegen anordnen, Section 4 (5) (i) (b) CA.
IV. Geschäftsgegenstand, Bedeutung der Satzungsregelung
Rz. 34
Die Festlegung des Geschäftsgegenstandes im Memorandum of Association ist formal von maßgeblicher Bedeutung. Im indischen Recht gilt nach wie vor die Doktrin des Ultra-Vires-Handelns einer Gesellschaft. Dieses Common Law-Prinzip, welches in neuerer Zeit im englischen Recht seine Bedeutung etwas verloren hat, ist im indischen Gesellschaftsrecht auch aktuell noch anwendbar. Danach ist ein Rechtsakt, der nicht durch das Memorandum of Association gedeckt ist, von Anfang an unwirksam. Die Gesellschaft und die handelnden Mitglieder des Board of Directors sind ersatzpflichtig für entstandene Schäden. Die indische Rechtsprechung tendiert dazu, Regelungen zum Gesellschaftszweck weit auszulegen, um Ultra-Vires-Konstellationen zu vermeiden.
Rz. 35
In der Praxis wird dieser Problematik begegnet durch extrem ausführliche und weit gefasste Formulierungen in dem Memorandum of Association. Neben dem eigentlichen Gesellschaftszweck werden sehr umfassende und aus europäischer Sicht ungewöhnliche Ausführungen zu "Sonstigen Tätigkeitsgebieten" aufgenommen, um für die Fragestellung eines Ultra-Vires-Handelns möglichst keinen Ansatzpunkt zu geben.
Rz. 36
Vertragspartner der Gesellschaft, insbesondere im Zusammenhang mit Finanzierungen oder Kreditsicherheiten, überprüfen den Wortlaut des Memorandum of Association daraufhin, ob die konkrete Maßnahme im Einklang mit der Ermächtigung im Memorandum of Association steht.