1. Rechtsstatus und Schritte bis zur Eintragung in das Handelsregister
Rz. 8
Die Private Limited entsteht durch Ausstellung der Gründungsurkunde (Certificate of Incorporation) durch das ROC.
Rz. 9
Das Konzept einer "Vorgesellschaft" oder "Gesellschaft in Gründung" besteht generell nicht. Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft in der Zeit vor Ausstellung des Certificate of Incorporation können nicht ohne erneute Vornahme auf die Private Limited übertragen werden.
Rz. 10
Der Antrag auf Gründung wird an das ROC gestellt unter Beifügung von Dokumentation insbesondere zu Firmenname, Satzung, Gesellschaftern, Mitgliedern des Leitungsgremiums (Board of Directors) und Firmensitz (Registered Office). Der Antrag enthält auch die Zeichnung der Anteile durch die Gründungsgesellschafter. Die Einreichung muss in elektronischer Form unter Beifügung der Unterlagen und Nachweise erfolgen. Der Antrag ist in elektronischer Form durch qualifizierte digitale Signaturen durch einen indischen Company Secretary sowie durch die Gründungsgeschäftsführer zu unterzeichnen.
Rz. 11
Das ROC prüft sodann die Ordnungsmäßigkeit der Inhalte des Gründungsantrages. Dies umfasst insbesondere auch den Firmennamen, welcher untersucht wird im Zusammenhang mit dem angegebenen Gesellschaftszweck, aber auch im Hinblick auf eine mögliche Verwechslungsgefahr mit bereits bestehenden Firmen sowie auf Vereinbarkeit mit bestehenden Namensschutz- und Markenschutzrechten.
Rz. 12
Ebenfalls ausschließlich über das elektronische Portal des ROC erfolgt die Abklärung von etwaigen Rückfragen seitens des ROC an die Gründer.
Rz. 13
Das Gründungsverfahren durch das ROC wird abgeschlossen durch die Ausstellung des Certificate of Incorporation in elektronischer Form.
2. Schritte nach der Eintragung in das Handelsregister
Rz. 14
Die Einzahlung des Stammkapitals erfolgt in der Folgezeit, nachdem, auf Basis des Certificate of Incorporation und weiterer bankseitiger formaler Dokumentation, ein Bankkonto für die Gesellschaft errichtet wurde.
3. Sachgründung
Rz. 15
Im Gegensatz zu der Kapitalerhöhung durch Sacheinlagen, Section 62 (1) (c) CA, ist die Sachgründung nicht gesetzlich geregelt. Aufgrund des Fehlens eines Mindestkapitals hat die Sachgründung in der Praxis keine große Bedeutung. Regelungen im Devisenrecht für die Einzahlung von Gründungskapital gehen zudem für die Praxis davon aus, dass im Ausland ansässige Gründungsgesellschafter Anteile bei der Gründung nur zum Nennwert zeichnen können und in bar einzahlen müssen.
4. Gründung vom Ausland aus
Rz. 16
Ausländische juristische oder natürliche Personen können als Gründungsgesellschafter fungieren. Auch als Mitglieder des ersten Board of Directors können ausländische natürliche Personen fungieren. Im Board of Directors muss daneben eine in Indien ansässige Person als Resident Director bestellt werden (siehe Rdn 115).
Rz. 17
Dokumente und Nachweise aus dem Ausland werden nur in legalisierter Form anerkannt. Unterlagen in einer Fremdsprache müssen um eine beglaubigte englische Übersetzung ergänzt werden.
Rz. 18
In der Praxis ist die formale Zeichnung der Anteile der Gründungsgesellschafter in legalisierter Form aus dem Ausland formell aufwändig, da sehr detaillierte Vorgaben zu der Ausfertigung der maßgeblichen Dokumente bestehen. Etwaige Beanstandungen des ROC können dann ebenfalls nur über Beibringung neuer ergänzender legalisierter Unterlagen behoben werden. Daher wird häufig der Weg gewählt, dass die ausländischen Gründungsgesellschafter in Indien ansässige Personen (etwa Berater) dazu bevollmächtigen, in ihrem Namen das Gründungskapital zu zeichnen und etwaige Beanstandungen des ROC zu beheben.
5. Mantel- und Vorratsgesellschaften
Rz. 19
Die vorstehend beschriebene erforderliche Beibringung legalisierter Unterlagen aus dem Ausland im Vorfeld des Gründungsantrags führt zu zusätzlichem Zeitbedarf und dem häufig bestehenden Interesse, das Verfahren möglichst abzukürzen. Eine Vorratsgesellschaft wird hier häufig als wünschenswert gesehen.
Rz. 20
Vorratsgesellschaften in der Form, dass eine bereits gegründete und mit Stammkapital versehene Gesellschaft durch Dienstleister bereitgehalten wird, sind in Indien kaum verbreitet. Es muss insbesondere zeitnah nach Erteilung des Certificate of Incorporation die Aufnahme operativer Tätigkeit erfolgen. Dies macht es schwer umsetzbar, Gesellschaften ohne konkrete Tätigkeitsabsicht auf Vorrat bereitzuhalten.
Rz. 21
Praktisch sehr häufig ist dagegen das Modell der "projektbezogenen Vorratsgründung". Dabei gründen zwei in Indien ansässige natürliche Personen (etwa aus dem Team eines Beraters) auf konkrete Anforderung eine Gesellschaft mit symbolischem Stammkapital und richten ein Bankkonto ein. Dies ist im Vergleich deutlich schneller möglich, da in diesem Fall keine Dokumente aus dem Ausland in legalisierter Form beigebracht werden müssen. Im zweiten Schritt übernehmen dann die ausländischen Gesellschafter die Anteile und die Kontrolle im Board of Directors und leisten sodann als Kapitalerhöhung die Zahlung des operativ gewünschten Stammkapitals.