Leitsatz
Unterscheidet eine Vereinbarung Instandhaltung und -setzung und weist sie nur die Pflicht zur ersteren einem Sondereigentümer zu, ist die Instandsetzung im Zweifel "Sache aller Wohnungseigentümer".
Ein Wohnungseigentümer kann den Schaden, der ihm nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG zu ersetzen ist, fiktiv in Höhe des Nettobetrags der Reparaturkosten abrechnen, wenn er ihn in Eigenarbeit beseitigt.
Normenkette
WEG §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 2 Satz 2, 14 Nr. 4 Halbsatz 2, 16 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 2
Das Problem
- Nach der Gemeinschaftsordnung muss K die Kosten der Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes tragen und veranlassen, soweit sich diese im Bereich der zu seinem Sondereigentum gehörenden Räumlichkeiten befinden, sowie die Kosten der Instandhaltung aller Ver- und Entsorgungsleitungen, soweit diese Leitungen nur von ihm allein "genutzt" (= gebraucht) werden.
- Im Juli 2011 bricht ein in einer Zwischendecke verlaufendes warmwasserführendes Rohr der gemeinschaftlichen Heizungsanlage (diese befindet sich im Heizungsraum außerhalb des Sondereigentums; dort ist die Absperrmöglichkeit für das Rohr angebracht). Vor diesem Hintergrund beauftragt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Werkunternehmer mit der Reparatur der Wasserleitung. Für die Reparatur wird die Zwischendecke geöffnet. Die Schäden an der Zwischendecke (Verschluss und Tapezierung, gegebenenfalls Feuchtigkeitsschäden) werden nicht beseitigt. Streitig ist, ob K, der Verschluss und Tapezierung selbst übernommen hat, diese Kosten von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erstatten sind.
Die Entscheidung
Im Grundsatz ja! Nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG sei einem Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer der Schaden an seinem Sondereigentum zu ersetzen, sofern er diesen durch eine Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erlitten habe. Diese Voraussetzungen lägen vor.
Wasserleitung: gemeinschaftliches Eigentum
- Die Wasserleitung stehe im gemeinschaftlichen Eigentum. Innerhalb des Gebäudes verlegte Versorgungsleitungen zählten nämlich zu dessen wesentlichen Bestandteilen und stünden nach § 5 Abs. 2 WEG – soweit sie im räumlichen Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums verliefen – zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum. Unbeachtlich sei, wenn Teile des Leitungsnetzes, die sich im räumlichen Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums befänden, nur eine "Sondereigentumseinheit" versorgten.
- Zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörten die Leitungen jedenfalls bis zu der ersten für die Handhabung durch den Sondereigentümer vorgesehenen Absperrmöglichkeit. An einer solchen im räumlichen Bereich des Sondereigentums liegenden Absperrmöglichkeit fehle es, sodass die ganze Leitung im gemeinschaftlichen Eigentum stehe.
Deckenverkleidungen: Sondereigentum
Deckenverkleidungen innerhalb eines Sondereigentums stünden nach § 5 Abs. 1 WEG hingegen im Sondereigentum.
Gemeinschaftsordnungsteht nicht entgegen
- Die Gemeinschaftsordnung stehe dem Anspruch nicht entgegen. Sie regle nur die Instandhaltung der Ver- und Entsorgungsleitungen. Die Reparatur der Wasserleitung gehöre begrifflich aber zur Instandsetzung. Zwar komme der Unterscheidung von Instandsetzung und -haltung in der Regel keine praktische Bedeutung zu.
- Es liege aber anders, wenn – wie im Fall – die Kosten in einer Gemeinschaftsordnung unterschiedlich geregelt worden seien. Es müsse allerdings noch geklärt werden, ob der an der Zwischendecke behauptete Schaden durch die Reparaturarbeiten oder den Rohrbruch verursacht worden seien.
Kommentar
Der Bundesgerichtshof klopft – ohne Gegenstimmen zu erwähnen – fest, dass innerhalb des Gebäudes verlegte Versorgungsleitungen – soweit sie im räumlichen Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums – bis zur bauseitigen Absperrmöglichkeit im gemeinschaftlichen Eigentum stehen. Es liegt nahe, ist aber nicht zwingend, diesen Gedanken auf Entsorgungsleitungen zu übertragen.
Was ist für den Verwalter wichtig?
- Im Fall war auch fraglich, ob der Wohnungseigentümer der Zwischendecke, der diese in Eigenarbeit repariert hatte, Ersatz der bei der Reparatur durch eine Fachwerkstatt anfallenden Kosten auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags verlangen kann.
- Der Bundegerichtshof bejahte diese Frage. Zwar werde vertreten, dass dem Wohnungseigentümer, der den Schaden in seinem Sondereigentum selbst repariere, nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG nur der Marktwert der Arbeitsleistung zu erstatten sei. Diese Ansicht sei aber unzutreffend. Der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG sei ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Grundgedanken zugrunde lägen. Auf ihn fänden die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB über Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung Anwendung (Hinweis unter anderem auf Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage, § 14 Rn. 50 und Rn. 51).
- Der danach anwendbare § 249 BGB räume dem Geschädigten einen Anspruch auf Naturalrestitution ein (...