Leitsatz

  1. Grundsätzlich keine Sperrwirkung eines nicht angefochtenen Negativbeschlusses, der sich in objektiv-normativer Auslegung allein in der Ablehnung eines gestellten Antrags erschöpft
  2. Besteht nach Gemeinschaftsordnung grundsätzliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsverantwortung der jeweiligen Sondereigentümer hinsichtlich der Außenfenster, betrifft dies in Auslegung auch Pflichten erstmaliger Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands (jedenfalls soweit es um Behebung anfänglicher Baumängel geht)
 

Normenkette

§§ 16, 21 Abs. 4, 5 Nr. 2, 23 WEG; §§ 195, 199 BGB

 

Kommentar

  1. In der Gemeinschaftsordnung war unter der Überschrift "Instandhaltung und Instandsetzung" u.a. geregelt:

    „Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, die Gegenstände, die sein Sondereigentum sind, seinem Sondernutzungsrecht unterliegen oder von ihm allein genutzt werden, auf eigene Rechnung ordnungsgemäß zu pflegen, instand zu halten und instand zu setzen. Den einzelnen Wohnungseigentümer treffen also beispielsweise im räumlichen Bereich des Sondereigentums folgende Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten, unabhängig davon, ob sich die genannten Gegenstände im Sonder- und Gemeinschaftseigentum befinden:

    Die Behebung von Glasschäden und die Instandhaltung und Instandsetzung der Wohnungsabschlusstüren samt Rahmen, der Außenfenster samt Fensterrahmen, der Rollläden …; soweit dabei die Außenansicht betroffen wird, ist eine einheitliche Ausführung unabdingbar; daher ist die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden sowie der Wohnungsabschlusstüren samt Rahmen Sache der Eigentümergemeinschaft.”

    Im Jahr 2006 meldete ein Eigentümer gegenüber der Hausverwaltung den Auftritt von Feuchtigkeitsschäden in seiner Wohnung und bat um Eruierung der Schadensursachen. Die Hausverwaltung verwies auf vermutlich fehlerhaftes Lüftungsverhalten der Mieter des Klägers. Der vom Kläger beauftragte Privatgutachter kam demgegenüber 2007 zum Ergebnis, dass das vorhandene Dachflächenfenster in der Küche der klägerischen Wohnung den thermischen Belastungen wie auch den Feuchtebelastungen einer Küche nicht auf Dauer standhalten könne und somit ungeeignet sei. Erforderlich sei der Einbau eines vollwertigen Wohnraumdachfensters in der Küche, wobei auch der Zustand der Dachdämmung und der Dichtungsebenen überprüft und ggf. instand gesetzt werden müssten (Gutachterkosten: 2.042 EUR).

    In einer Eigentümerversammlung 2008 wurden durch Negativbeschluss Sanierungspflichten und Erstattung der Gutachterkosten abgelehnt. Eine Verpflichtungsklage des Klägers – ohne Anfechtungsklage des Negativbeschlusses – wurde vom Amtsgericht München mit rechtskräftigem Urteil vom 8.12.2008 (Az. 484 C 554/08) als unzulässig abgewiesen.

    Erneut gestellte Anträge wurden nun in der Eigentümerversammlung 2010 wiederum von der Gemeinschaft abgelehnt. Daraufhin beantragte dieser Kläger Anfechtung der Negativbeschlüsse und Verpflichtung auf a) Dachfenstererneuerung, b) Überprüfung und ggf. Instandsetzung umliegender Bauteile und c) Erstattung seiner Gutachterkosten.

    Die Klage hatte in der Berufungsinstanz nur hinsichtlich der geforderten Verurteilung zur Überprüfung der Dachflächenfenster und der angrenzenden, im Gemeinschaftseigentum befindlichen Bauteile (Dämmung, Dichtungsebenen) Erfolg.

  2. Die Rechtskraft des früheren Amtsgerichtsurteils von 2008 steht der erneuten (nun zulässigen) Klage nicht entgegen, weil das Amtsgerichtsurteil seinerzeit lediglich die Klage als unzulässig abgewiesen hat, ohne Präklusionswirkung einer Entscheidung in der Sache.
  3. Auch frühere Negativbeschlüsse erzeugten keine Sperrwirkung zum Nachteil des Klägers. Im Wege der Auslegung ist zu klären, ob ein Negativbeschluss über eine reine momentane Antragsablehnung hinaus auch noch eine Regelung für die Zukunft, etwa eine Sperrwirkung für gleichgelagerte Begehren trifft (OLG München, NZM 2006 S. 703). Eine solche Auslegung lässt nicht erkennen, dass das klägerische Begehren durch die bisherigen Negativbeschlüsse von Eigentümern auch in Zukunft ausgeschlossen werden sollte. Einer bloßen Ablehnung kann hier ein solcher Regelungsgehalt auf Dauer nicht entnommen werden; ein solcher Negativbeschluss steht damit einer späteren positiven Beschlussfassung nicht entgegen (h.M.).
  4. Die Überprüfung anderer Bauteile des Gemeinschaftseigentums betrifft die Gemeinschaft, zumal solche Bauteile anders als etwa vorliegend die Außenfenster in der Gemeinschaftsordnung dem Verantwortungsbereich einzelner Sondereigentümer entzogen wurden. Geht es um das einheitliche Dach eines Hauses, dienen solche Bauteile einschließlich entsprechender Dämmung und Dichtung allen Eigentümern; ohne Dach könnte von einem kompletten Gebäude überhaupt nicht die Rede sein (vgl. LG München I, ZMR 2010 S. 250).

    Auch wenn hinsichtlich der Überprüfung ein weiter Ermessensspielraum der Gemeinschaft besteht, ist dieses Ermessen bezüglich einer Dachüberprüfung vorliegend auf Null reduziert. Dies beweist das vom Kläger in Auftrag gegebene Privatgutachten. Auch entsp...

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