Rz. 58
Das irische Recht unterscheidet zwischen Testament (will) und Kodizill (codicil). Als codicil wird eine ergänzende bzw. modifizierende testamentarische Verfügung bezeichnet. Der Testierende wird testator genannt.
Rz. 59
Das irische Recht kennt das gemeinschaftliche Testament (joint will), nicht jedoch den Erbvertrag. Der joint will ist nicht auf Ehegatten beschränkt, sondern bezeichnet allgemein die Abfassung eines Testaments durch mehrere Personen in einer Urkunde. Eine Bindungswirkung ist damit nicht verbunden. Joint wills sind in Irland jedoch unüblich.
Rz. 60
Daneben gibt es im irischen Recht aber auch sog. mutual wills (wörtlich: gegenseitiges Testament). Diese können ebenfalls auch durch Personen, die nicht miteinander verheiratet sind, errichtet werden. Mutual wills setzen neben der Tatsache, dass sich die Testierenden gegenseitig bedenken müssen, zwei vertragliche Elemente voraus: Einerseits müssen die Beteiligten übereingekommen sein, mutual wills zu errichten (sog. agreement). Hierzu genügt es nicht, dass sie gegenseitige Testamente gleichzeitig errichten, sondern dieses muss auch den Willen umfassen, Verfügungen nach dem Tod des Erstversterbenden nicht zu widerrufen. Die Absicht, einen mutual will zu errichten, muss im Testament selbst oder in einem Dokument, das mit diesem verwahrt wird, unzweideutig in Form einer sog. agreement zum Ausdruck gekommen sein. Ein mutual will zeitigt beim Tod des Erstversterbenden Bindungswirkung, sofern der Erstversterbende sein Testament tatsächlich nicht widerrufen hat. Denn eine vertragliche Bindung setzt im Common Law neben der Einigung das Vorhandensein einer Gegenleistung (consideration) voraus. Die consideration wird im Falle des mutual will darin gesehen, dass einer der Testierenden stirbt, ohne sein Testament widerrufen zu haben. Freilich führt die vertragliche Bindung nicht zu einer erblichen Bindung i.S.d. deutschen Erbvertrages, sondern nur zur Schadensersatzpflicht des Nachlasses, wenn der Überlebende abweichend testiert. Insoweit als der Überlebende etwas aus dem Nachlass des Erstverstorbenen erhalten hat, ist er in Equity an die Vereinbarung gebunden und trustee für die Personen, an die der Nachlass letztlich fallen soll (sog. constructive trust).
Rz. 61
Daraus ergibt sich auch, dass ein mutual will zu Lebzeiten beider Testierenden keine Bindungswirkung zeitigt. Hier genügt die bloße Mitteilung eines der Testierenden, dass er sich nicht länger gebunden fühlt. Die Bindungswirkung in Form des constructive trust besteht auch dann fort, wenn aufgrund gesetzlicher Fiktion infolge späterer Eheschließung eigentlich ein Widerruf fingiert wird.
Rz. 62
Bei Errichtung eines mutual will ist nach dem Muster der Law Society of Ireland folgende agreement-Klausel üblich:
Zitat
"Hiermit widerrufe ich alle bisherigen Testamente und testamentarischen Verfügungen, die ich bis heute gemacht habe, und ich erkläre, dass dies mein letzter Wille ist und dass ich mit … (Name) vereinbart habe, dass ich mein Testament nach dem Tode von … (Name) nicht ergänzen (oder widerrufen) werde, wenn es dann noch in dieser Form, also ohne Ergänzungen und ohne dass ein Widerruf erfolgt ist, besteht."
Rz. 63
Vertragsmäßige Verfügungen, wie im Rahmen eines Erbvertrages üblich, kennt das irische Recht dagegen nicht.