Rz. 198
Nach Art. 4 EuErbVO sind die deutschen Gerichte für Nachlassverfahren zuständig, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Der gewöhnliche Aufenthalt ist autonom zu bestimmen und umfasst nach Auslegung des EuGH – ähnlich wie das domicile – neben der objektiven auch eine subjektive Komponente. Die Zuständigkeit erstreckt sich nach der Europäischen Erbrechtsverordnung auf den gesamten Nachlass (allgemeine Zuständigkeit). Hatte der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte somit gegeben.
Rz. 199
Ist der Erblasser jedoch unter Hinterlassung von Nachlassvermögen in Irland verstorben, ist zwingend (auch) dort ein Nachlassverfahren durchzuführen. Denn deutsche Erbscheine werden in Irland nicht anerkannt oder für vollstreckbar erklärt und sind daher zur Abwicklung dieser Vermögensmasse unbrauchbar. Auch Europäische Nachlasszeugnisse werden in Irland nicht anerkannt, da Irland nicht Mitgliedstaat i.S.d. EuErbVO ist. Aufgrund der gesonderten Anknüpfung für die administration gilt zudem aus irischer Sicht diesbezüglich für in Irland belegenes Vermögen stets irisches Recht (siehe Rdn 10). Dies gilt selbst insoweit, als für die succession aus irischer Sicht deutsches Recht anzuwenden wäre (z.B. für das in Irland befindliche bewegliche Vermögen bei letztem domicile in Deutschland).
Rz. 200
Sind Vermögenswerte des Erblassers in einem Drittstaat i.S.d. EuErbVO – wie hier in Irland – belegen, der die Entscheidung des mitgliedschaftlichen Gerichts nicht anerkennen würde, sieht die EuErbVO in Art. 12 Abs. 1 die Möglichkeit vor, dass das nach der Verordnung zuständige Gericht auf Antrag einer der Parteien nicht über diese Vermögensgegenstände befindet. Somit kann das angerufene deutsche Gericht davon absehen, über die dem irischen Nachlassverfahren unterliegenden Gegenstände zu entscheiden. Für das irische Nachlassvermögen ist in Irland ein grant of probate bzw. ein letter of administration zu beantragen (vgl. dazu Rdn 172, 178).
Rz. 201
Um die Durchführung des Nachlassverfahrens in Irland zu erleichtern, empfiehlt sich die testamentarische Benennung eines executors zumindest für das in Irland belegene Vermögen, sofern nicht ohnehin ein Testamentsvollstrecker benannt worden ist. Hier ist deutlich zu machen, ob der executor nur für die Zwecke des irischen Nachlassverfahrens bestellt werden soll oder ob der Person weitere Befugnisse zustehen sollen. Der im irischen grant of probate ernannte personal representative ist aufgrund der irischen Entscheidung nur zur Verwaltung des dort belegenen Vermögens befugt.
Rz. 202
Die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines anderen Mitgliedstaates (Art. 5 EuErbVO) im Falle einer Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO spielt im deutsch-irischen Rechtsverkehr keine Rolle. Denn Irland ist kein Mitgliedstaat i.S.d. EuErbVO und die einheitliche Zuständigkeit seiner Gerichte für den gesamten Nachlass kann somit nicht erreicht werden.
Rz. 203
Es sind stets zwei Nachlassverfahren durchzuführen, sofern sich Nachlassvermögen in beiden Staaten befindet.