a) Erbberechtigung und Erbquote
Rz. 41
Im irischen Recht erhält der überlebende Ehegatte – anders als in vielen anderen Common-Law-Rechtsordnungen – eine feste Erbquote. Die Höhe seiner Beteiligung hängt davon ab, ob er mit Nachkommen oder sonstigen Verwandten zusammentrifft. Neben Abkömmlingen erhält der überlebende Ehegatte eine Erbquote von zwei Dritteln. Das verbliebene Drittel erhalten die Kinder gemäß den vorstehend beschriebenen Verteilungsregeln (Sec. 67 (2), 67B (2) ISA). Den kinderlosen Erblasser beerbt der Ehegatte allein (Sec. 67 (1) ISA).
Rz. 42
Überlebender Ehegatte ist jeder Ehegatte, der mit dem Erblasser in gültiger Ehe verheiratet und nicht von ihm geschieden war. Der Ehegatte kann nach Änderung der Irischen Verfassung nunmehr gleich- oder verschiedengeschlechtlich sein. Das Erbrecht hat grundsätzlich auch der vom Erblasser getrenntlebende Ehegatte. Allerdings kann die Trennung, wenn sie durch einseitiges Verlassen herbeigeführt worden ist oder gerichtlich angeordnet wurde, zur Erbunwürdigkeit führen (vgl. Rdn 146).
b) Einfluss des Güterrechts
Rz. 43
Nach früherer, umstrittener, aber überwiegender Auffassung im deutschen Recht war § 1371 Abs. 1 BGB (erbrechtliches Viertel bei Zugewinngemeinschaft) güterrechtlich zu qualifizieren, was häufig Anpassungsprobleme beim Zusammentreffen von deutschem Güterrecht und ausländischem Erbstatut zur Folge hatte. Nun hat jedoch der EuGH in der Rechtssache Mahnkopf den Streit dahingehend entschieden, dass § 1371 Abs. 1 BGB erbrechtlich zu qualifizieren ist. Denn nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. b) EuErbVO unterliegt die Bestimmung der jeweiligen Anteile der Berechtigten am Nachlass dem Erbstatut. Somit kann eine güterrechtliche Norm nicht zu einer Änderung der Erbquoten führen.
Rz. 44
Daraus folgt, dass in einem Fall, in dem deutsches Güterrecht und irisches Erbrecht berufen sind, kein Raum (mehr) für die Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB ist. Die Erbquoten ergeben sich (abschließend) aus dem irischen Erbrecht. Die erbrechtliche Beteiligung des überlebenden Ehegatten beträgt somit ⅔ neben Abkömmlingen des Erblassers, in Abwesenheit solcher erhält er den ganzen Nachlass (vgl. oben Rdn 41). Bei Geltung ausländischen Erbrechts kommt daher eine Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB nicht mehr in Betracht, da dessen Anwendung voraussetzt, dass das deutsche Erbrecht berufen ist. Die zusätzliche Durchführung eines güterrechtlichen Zugewinnausgleichs nach § 1371 Abs. 2 BGB, die auch neben einem ausländischen Erbstatut stets denkbar ist, kommt neben den dem überlebenden Ehegatten im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge nach irischem Recht gewährten Erbquoten nicht in Betracht. Denn hier ist zu prüfen, ob das ausländische Erbrecht wertungsmäßig den güterrechtlichen Vermögensausgleich substituiert, was zu bejahen ist. Das irische Erbrecht gewährt nämlich mit einer Erbquote von ⅔ mehr als das deutsche Erbrecht mit der kombinierten Erbquote von ½ nach § 1371 Abs. 1 BGB und § 1931 Abs. 1 BGB. Nach irischer Vorstellung, die grundsätzlich (bei irischem Güterstatut) keinen güterrechtlichen Ausgleich im Todesfall kennt, ist der güterrechtliche Ausgleich bereits in der (hohen) Erbquote enthalten. Somit ist kein güterrechtlicher Ausgleich vorzunehmen, wenn der überlebende Ehegatte (gesetzlicher) Erbe nach irischem Recht wird. Allerdings kommt – nach dieser Wertung – ein güterrechtlicher Zugewinn nach § 1371 Abs. 2 BGB dann in Betracht, wenn der überlebende Ehegatte nicht (gesetzlicher) Erbe wird. Für diesen ist – jedenfalls dann, wenn dem überlebenden Ehegatten neben Kindern als legal right nur ein Drittel des Nachlasses zusteht (vgl. zum legal right unten Rdn 114) – noch Raum. In diesem Rahmen wäre jedoch auch ein etwaiges right of appropation in Bezug auf die Ehewohnung (vgl. dazu oben Rdn 116) zu berücksichtigen.
Rz. 45
Daneben ist noch der Fall des Zusammentreffens von deutschem Erbstatut und irischem Güterstatut zu untersuchen. Hier stellt sich die Frage, ob der irische Güterstand eine "Zugewinngemeinschaft" im Sinne des deutschen Rechts ist, wobei es sich um eine Frage der Substitution handelt. Nach irischem Recht stehen dem überlebenden Ehegatten güterrechtliche Ansprüche im Todesfall – bei Anwendbarkeit des irischen gesetzlichen Güterstands – grundsätzlich nicht zu. Denn im irischen Güterrecht gilt der Güterstand der Gütertrennung. Allerdings ist zu beachten, dass nach irischer Vorstellung dem überlebenden Ehegatten (aufgrund der hohen gesetzlichen Erbquote) nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten ein sehr viel höherer Anteil am Vermögen des Erstversterbenden zustehen soll. Somit erfüllt die sich nach irischem Recht ergebende Erbquote bei vergleichender Wertung mit den Vorschriften des deutschen Rechts nicht nur eine erbre...