I. Bestimmung des Erbstatuts aus irischer Sicht
1. Bestimmung des Erbstatuts
Rz. 1
Bilaterale Staatsverträge, die das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht regeln, existieren in Irland nicht.
Irland nimmt nicht an der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) teil. Somit gilt auch seit dem 17.8.2015 aus irischer Sicht weiterhin das autonome irische Kollisionsrecht.
Rz. 2
Das Internationale Erbrecht ist in Irland nicht kodifiziert und entspricht weitgehend dem englischen Common Law. Dieses folgt dem System der Nachlassspaltung. Während die Erbfolge des beweglichen Nachlasses (movable property) dem Recht am letzten domicile des Erblassers unterliegt, wird die Erbfolge des unbeweglichen Vermögens (immovable property) dem Belegenheitsrecht (lex situs) unterstellt.
Rz. 3
Der renvoi ist im irischen Recht zwar grundsätzlich bekannt, wird aber von den Gerichten nicht einheitlich angewandt, so dass man die Behandlung des renvoi als noch nicht abschließend geklärt bezeichnen kann. Das irische Recht spricht wohl keine Sachnormverweisungen, sondern sog. Kollisionsnormverweisungen aus. Es ist fraglich, ob die irischen Gerichte dabei der sog. foreign court theory des englischen IPR folgen, nach der im Fall der Rückverweisung durch das erstberufene Recht das anwendbare Recht so bestimmt wird, wie das Gericht des Staates entscheiden würde, auf dessen Rechtsordnung das Internationale Privatrecht des Ausgangsstaates verwiesen hat oder ob sie jedenfalls eine Rückverweisung auf das eigene Recht annehmen, was wohl eher anzunehmen ist.
2. Begriff des domicile
Rz. 4
Das domicile wird in Irland grundsätzlich in sehr ähnlicher Weise bestimmt wie im englischen Recht. Ein domicile bezeichnet die Verbindung zu einem bestimmten Rechtsgebiet. Diese wird i.d.R. durch Geburt begründet und ist bei Minderjährigen das domicile der Eltern. Eine Person kann ihr domicile verlegen. Für die Verlegung des domicile muss der gewöhnliche Aufenthalt (factum) in einem anderen Rechtsgebiet begründet werden und die Absicht bestehen, dort auf Dauer zu bleiben (animus manendi). Dies ist i.d.R. der Fall, wenn der neue Aufenthalt allgemein und unbefristet begründet wird. Die irischen Gerichte sind mit der Annahme eines Domizilwechsels äußerst zurückhaltend und gehen im Zweifel vom Fortbestehen des domicile of origin aus. Bei einem weiteren dauerhaften Umzug ist zu untersuchen, ab welchem Zeitpunkt das ursprüngliche domicile of choice aufgegeben ist und wann ein neues domicile of choice begründet wird. Unter Umständen kommt es zwischenzeitlich oder dauerhaft zum Aufleben des domicile of origin.
Rz. 5
Das abhängige domicile (dependent domicile) der Ehefrau, d.h. die Annahme, dass die Ehefrau das domicile ihres Ehemannes teilt, wurde in Irland durch den Domicile and Recognition of Foreign Divorces Act 1986 abgeschafft (Sec. 1). Nunmehr haben lediglich Minderjährige ein abhängiges domicile.
Rz. 6
Um Unsicherheiten bei der Bestimmung des domicile entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, die für die Bestimmung des domicile maßgeblichen Umstände, etwa die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts, die Beziehungen in das Land des ursprünglichen und des Wahldomizils und künftige Absichten, insbesondere einen etwa vorhandenen Bleibewillen (intention of permanently remaining there), bei Errichtung einer letztwilligen Verfügung aufzuführen.
3. Testamentsauslegung
Rz. 7
Die Auslegung eines Testaments (construction) unterliegt dem Recht, von dessen Geltung der Testator ausging, hilfsweise dem Recht des domicile zum Zeitpunkt seiner Errich...