I. Anfall des Nachlasses
1. Personal representative
Rz. 165
Mit dem Erbfall geht der Nachlass nicht – wie im deutschen Recht (vgl. § 1922 BGB) – unmittelbar auf die begünstigten Personen über, sondern auf einen oder mehrere Zwischenberechtigte, den sog. personal representative (wörtlich: persönlicher Vertreter, siehe Sec. 10 (1) ISA). Dieser wird treuhänderischer Rechtsnachfolger des Erblassers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich des Grund- und Immobiliarvermögens. Es entsteht kraft Gesetzes nach Sec. 10 (3) ISA ein gesetzlicher Trust (statutory trust), dessen beneficiaries die Begünstigten sind. Trustee ist der personal representative.
Rz. 166
Der personal representative sammelt den Nachlass, nimmt ihn in Besitz, begleicht die Nachlassverbindlichkeiten und kehrt das verbliebene Vermögen an die Begünstigten aus. Somit kennt das irische Recht keine unmittelbar dinglich berechtigten Begünstigten (Erben), sondern lediglich Personen, die einen Anspruch gegen den personal representative auf Auskehrung von Nachlassvermögen und ggf. auf Übertragung bestimmter Nachlassgegenstände (zur sog. distribution vgl. Rdn 191) haben. Allerdings erhalten diese in equity unmittelbar ihre Rechtsposition im Wege eines trusts.
Rz. 167
Der personal representative kann einerseits ein vom Erblasser durch letztwillige Verfügung benannter sog. executor oder ein vom Nachlassgericht bestellter administrator sein. Vorrangig geht der Nachlass auf einen etwa vorhandenen executor über. Ist kein executor bestimmt, geht der Nachlass zunächst auf den Präsidenten des High Court über, der insoweit eine Körperschaft (sog. corporation sole) ist, bis ein administrator vom Gericht eingesetzt worden ist. Auf diese Weise wird verhindert, dass der Nachlass herrenlos wird. Denn anders als ein executor erhält der administrator seine Berechtigung erst mit Erteilung des grant of representation.
2. Executor
Rz. 168
Der Erblasser hat die Möglichkeit, Einfluss auf die Person des personal representative zu nehmen, indem er im Testament einen sog. executor bestimmt. Es können auch mehrere Personen benannt werden. Dabei kommen sowohl natürliche als auch juristische Personen in Betracht. Die Ernennung kann auch unter einer Bedingung erfolgen; sie kann ferner befristet und auf einen Teil des Nachlasses beschränkt sein. Es empfiehlt sich, eine Person zu benennen, die durch das Testament begünstigt wird, denn diese hat am ehesten Interesse an der Nachlassabwicklung und wird daher auch bereit sein, das Amt anzunehmen. Es kann hierbei auch nach Ländern differenziert werden, d.h. ein executor für das in Deutschland vorhandene Vermögen und einer für das in Irland befindliche (sofern für beides das irische Erbrecht Anwendung findet). Eine Scheidung führt nicht zum Unwirksamwerden der Benennung als executor, so dass das Testament im Scheidungsfall überprüft werden sollte.
Für die Zwecke des in Irland durchzuführenden Nachlassverfahrens empfiehlt es sich, im Testament mindestens zwei, aber nicht mehr als drei executors zu benennen.
Rz. 169
Der executor wird zwar bereits mit dem Erbfall (treuhändischer) Inhaber des Nachlassvermögens, er kann aber nicht unmittelbar als solcher handeln. Dies kann er erst, wenn seine Befugnisse gerichtlich in einem sog. probate decree festgestellt worden sind, d.h. seine Rechtsstellung durch gerichtliches Zeugnis nachgewiesen ist.
Rz. 170
Als executor kann auch eine sog. trust corporation handeln. Es können auch die Partner einer Rechtsanwaltskanzlei bestimmt werden, etwa wie folgt: "Ich bestimme hiermit zwei der Partner der Kanzlei XY in XY zum Zeitpunkt meines Todes zu den executors dieses meines Testaments".
Ein benannter executor kann sein Amt ablehnen (renounce), sich – für den Fall, dass mehrere executors bestimmt sind – die Annahme vorbehalten (reserve his rights), etwa für den Fall des Ausfalls eines anderen executors, oder das Amt ausdrücklich oder konkludent annehmen.
Rz. 171
Wenn einer von mehreren benannten executors minderjährig ist, werden zunächst nur die anderen Benannten executor, bis der Minderjährige volljährig wird. Ist der einzige benannte executor minderjährig, wird nicht er executor, sondern es wird seinem Vormund oder einer anderen vom Gericht für geeignet gehaltenen Person administration gewährt. Der Minderjährige selbst kann ab Vollendung des 21. Lebensjahres ein grant of probate erhalten. Auch das Eigentum am Nachlass geht nicht auf ihn über. Wenn ausschließlich Minderjährige executors sind, wird vom Gericht ein sog. administrator bestellt, der für sie handelt.
Rz. 172
Der executor muss ein sog. grant of probate (gerichtliches Zeugnis) beantragen, sofern Nachlassvermögen vorhanden ist und das Vermögen nicht lediglich aus einem relativ geringen Geldbetrag besteht. Der Antrag kann entweder persönlich (nic...