Rz. 46
Der überlebende Ehegatte hat im Rahmen der Erbteilung eine Sonderstellung. Zwar richtet sich sein Erbanspruch – wie bei den anderen Begünstigten – grundsätzlich nur auf eine wertmäßige Beteiligung am Nachlass. Er kann aber schriftlich vom personal representative verlangen, dass sein Erbanspruch durch die Übertragung der Ehewohnung (dwelling) und der Hausratsgegenstände (household chattels) erfüllt wird (Sec. 56 (1) und (2) ISA; sog. right of appropiation). Voraussetzung hierfür ist, dass der überlebende Ehegatte in der Wohnung im Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Wenn das Gebäude, in dem sich die Ehewohnung befindet, nicht ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt wurde und nur einen Teil des Gebäudes ausmacht oder zu einem landwirtschaftlichen Betrieb oder Hotel gehört, kommt eine vollständige Übertragung nur auf Antrag des überlebenden Ehegatten nach gerichtlicher Genehmigung in Betracht.
Rz. 47
Der überlebende Ehegatte muss bei Übertragung grundsätzlich den seinen Erbteil übersteigenden Wert ausgleichen. Das Gericht kann jedoch anordnen, dass kein Ausgleich gezahlt werden muss oder nur in einer Höhe, die das Gericht für angemessen hält, wenn es der Überzeugung ist, dass der überlebende Ehegatte anderenfalls in Not geraten würde. Reicht die eigene Erbquote des überlebenden Ehegatten nicht aus, um die Übertragung zu ermöglichen, kann er das Übertragungsrecht auch in Erfüllung der erbrechtlichen Ansprüche eines minderjährigen Kindes geltend machen, dessen Vermögen der überlebende Ehegatte insoweit als trustee verwaltet. Der Anspruch des überlebenden Ehegatten nach Sec. 56 ISA hat sogar Vorrang vor Vermächtnissen bezüglich der betroffenen Gegenstände. Der Anspruch besteht nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge, sondern auch bei testamentarischer Erbfolge und auch im Rahmen des Pflichtteilsrechts des überlebenden Ehegatten (vgl. dazu Rdn 114 ff.).
Rz. 48
Der personal representative (vgl. Rdn 165 ff.) ist verpflichtet, den überlebenden Ehegatten schriftlich auf sein right of appropriation hinzuweisen. Dieser muss den Anspruch innerhalb von sechs Monaten ab Zugang der Mitteilung, spätestens jedoch ein Jahr nach Beginn der representation geltend machen. Bis zu diesem Zeitpunkt darf der personal representative, sofern der Ehegatte nicht selbst dieses Amt ausübt, nicht ohne dessen schriftliche Zustimmung oder eine gerichtliche Genehmigung über die dem Übertragungsanspruch unterliegenden Gegenstände verfügen. Bei entgeltlicher Veräußerung kann ein gutgläubiger Erwerber allerdings trotz des Veräußerungsverbots wirksam die Ehewohnung bzw. Hausratsgegenstände erwerben.