Rz. 129
Bei teilweisem oder vollständigem Ausschluss von der Erbfolge können Kinder über das ggf. testamentarisch Zugewandte hinaus Zuwendungen aus dem Nachlass bei Gericht beantragen (Sec. 117 ISA). Sie haben also keinen Anspruch auf eine feste Quote am Nachlass. Das Gericht soll die Zuwendung an das oder die Kinder nur anordnen, wenn es der Ansicht ist, dass der Erblasser seine moralische Pflicht verletzt hat, seinem Kind angemessene und dem Gericht gerecht erscheinende Zuwendungen (proper provision) zu machen.
Rz. 130
Die Festsetzung ist in das Ermessen des Gerichts gestellt, wobei es vom Standpunkt eines umsichtigen und gerechten Elternteils entscheiden und die Position jedes Kindes sowie sonstige Umstände des Einzelfalls berücksichtigen soll. Es kommt auch darauf an, ob das Kind einer Zuwendung bedarf. Zu berücksichtigen sind z.B. das Verhalten des Kindes gegenüber dem Erblasser, sein Alter, seine Lebensstellung, sein Gesundheitszustand, seine derzeitigen und zu erwartenden künftigen Bedürfnisse und die zu Lebzeiten des Erblassers erfolgten Zuwendungen in Form der Übertragung von Vermögen, aber auch in Form von Aufwendungen für die Ausbildung des Kindes sowie die Verpflichtungen des Erblassers gegenüber anderen Personen. Bei Würdigung der Umstände bezieht das Gericht auch etwaiges im Ausland belegenes Vermögen des Erblassers mit ein.
Rz. 131
Stellen mehrere oder alle Kinder einen Antrag, ist die Entscheidung für jedes Kind gesondert zu treffen. Nicht die Gleichbehandlung der Kinder ist zu gewährleisten, sondern jedes Kind ist nach seinen Bedürfnissen und den jeweiligen Umständen zu berücksichtigen. So kann beispielsweise ein behindertes Kind besondere, über die der anderen Kinder hinausgehende Versorgungsbedürfnisse haben.
Rz. 132
Die gerichtlichen Anordnungen dürfen das legal right des überlebenden Ehegatten nicht beeinträchtigen und, wenn es sich um ein gemeinsames Kind handelt, auch nicht sonstige testamentarische Zuwendungen an den überlebenden Ehegatten oder seine Rechte im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge. Daraus folgt, dass eine Enterbung der Kinder zugunsten des überlebenden Ehegatten dann möglich ist, ohne dass diese eine Anordnung nach Sec. 117 ISA beantragen können, wenn der Erblasser ausschließlich gemeinsame Kinder hinterlässt und sein Vermögen dem anderen Elternteil überlässt.
Rz. 133
Auch das legal right eines überlebenden eingetragenen Lebenspartners soll grundsätzlich nicht durch die Anordnung beeinträchtigt werden. Von diesem Grundsatz kann das Gericht jedoch zugunsten eines nicht gemeinsamen Kindes der Lebenspartner abweichen, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der finanziellen Verhältnisse des Erblassers und seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Partner ungerecht wäre, keine Zuwendung nach Sec. 117 ISA anzuordnen.
Rz. 134
Ein Antrag kommt nur in Betracht, wenn zumindest teilweise testamentarische Erbfolge eingetreten ist, nicht dagegen bei gesetzlicher Erbfolge. Hier besteht aber ein Antragsrecht für gerichtliche Zuwendungen (provision) für ein Kind bei Zusammentreffen von überlebendem eingetragenem Lebenspartner und einem oder mehrerer Kinder des Erblassers nach Sec. 67A (3) ISA (vgl. Rdn 50). Diese Ansprüche können nun allerdings durch die Heirat der eingetragenen Lebenspartner ausgeschlossen und die Kinder auf das Drittel verwiesen werden.
Rz. 135
Ist das Gericht der Überzeugung, dass der Erblasser seine moralische Pflicht verletzt hat, kann es wiederum nach seinem Ermessen dem Kind bzw. den Kindern eine einmalige Zuwendung oder eine Unterhaltsrente zusprechen. Gerichte haben aber in der Vergangenheit auch ein Vermächtnis erhöht oder dem bedürftigen Kind einen anderen prozentualen Anteil am Vermögen des Erblassers zugesprochen. So wurde in der Rechtssache A v. C and another (2007) das Testament gerichtlich so geändert, dass das Kind eine höhere Zuwendung erhielt. Die Zuwendung wird – anders als im Rahmen der Abwägung hinsichtlich des "Ob" des Anspruchs – von den irischen Gerichten nur aus dem Vermögen gemacht, das irischem Recht unterliegt. So wurde etwa eine Zahlung aus dem im Ausland belegenen Grundvermögen abgelehnt. Die Zuwendung begründet einen Anspruch gegen den Nachlass, der wie eine Nachlassverbindlichkeit zu behandeln ist.
Rz. 136
Der Antrag kann entweder direkt von den Kindern oder aber in ihrem Namen gestellt werden. Anders als in Bezug auf das legal right sieht das Gesetz keine Hinweispflicht des personal representative gegenüber den Kindern vor.
Rz. 137
Der Antrag muss binnen sechs Monaten nach Gewährung des grant of representation gestellt werden. Eine Verlängerung der Frist ist, auch bei Minderjährigkeit oder Geisteskrankheit des Kindes, nicht vorgesehen.