Rz. 23
Das irische Erbrecht sieht keine Rechtswahlmöglichkeiten vor.
Rz. 24
Nach deutschem (europäischem) Recht ist seit dem 17.8.2015 die Möglichkeit einer Rechtswahl gegeben (Art. 22 EuErbVO). Gewählt werden können nach Art. 22 Abs. 1 EuErbVO das Heimatrecht des Erblassers zum Zeitpunkt der Rechtswahl oder zum Zeitpunkt des Todes. Ein Doppelstaater kann sich für das Recht jeder seiner Staatsangehörigkeiten entscheiden. Die Rechtswahl muss nach Art. 22 Abs. 2 EuErbVO in Form einer letztwilligen Verfügung erfolgen, wobei sie entweder ausdrücklich oder konkludent erfolgen kann. Möglich ist nur eine den gesamten Nachlass umfassende Rechtswahl, nicht jedoch eine auf eine bestimmte Vermögensmasse beschränkte, wie sie etwa vormals nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. möglich war. Bei einer Rechtswahl sind Rück- und Weiterverweisungen durch das gewählte Recht nicht zu beachten (Art. 34 Abs. 2 EuErbVO). Somit kann ein in Irland lebender Ire die Anwendung seines Heimatrechts auf den gesamten Nachlass durch Rechtswahl erreichen.
Rz. 25
Aufgrund von Art. 22 EuErbVO kann also ein irischer Staatsangehöriger mit domicile in Deutschland sein irisches Heimatrecht wählen und ebenso ein in Irland lebender Deutscher sein deutsches Heimatrecht. Die gewählte Rechtsordnung würde aus deutscher Sicht für den gesamten Nachlass gelten. Aus irischer Sicht würde die Rechtswahl dagegen nicht anerkannt werden. Eine vor dem Stichtag der Anwendbarkeit der EuErbVO 17.8.2015 vorgenommene Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO wurde bzw. wird wirksam, wenn der Erbfall nach dem Stichtag eintritt.
Rz. 26
Sofern die Rechtswahl in einer Verfügung von Todes wegen erfolgt, kann sie auch konkludent vorgenommen werden. In diesem Fall ist durch Auslegung des Testaments festzustellen, ob dieses eine Rechtswahl enthält. Ein erhebliches Indiz für die vertragsautonome Annahme einer Rechtswahl ist etwa die Verwendung von Rechtsinstituten des Heimatrechts, insbesondere wenn sie in der Muttersprache erfolgt, oder auch die Nennung von Rechtsvorschriften einer bestimmten Rechtsordnung. Verfügt also ein irischer Staatsangehöriger unter Verwendung der Rechtsinstitute des irischen Rechts (auf Englisch) von Todes wegen, ist in der Regel von einer konkludenten Rechtswahl auszugehen.
Rz. 27
Daneben sieht Art. 83 Abs. 4 EuErbVO die Annahme einer fiktiven Rechtswahl für Verfügungen von Todes wegen vor, die vor dem 17.8.2015 errichtet wurden. Diese greift, wenn eine Verfügung von Todes wegen vor dem Stichtag nach dem nach Art. 22 EuErbVO wählbaren Heimatrecht errichtet wurde. Die Fiktion endet jedoch, sobald dieses Testament vom Erblasser nach dem Stichtag geändert wird oder wenn der Erblasser ein neues Testament errichtet. Allerdings kommt dann wiederum eine konkludente Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO in Betracht.
Rz. 28
Nach früherer deutscher Rechtslage ermöglichte Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. eine gegenständlich beschränkte Wahl des deutschen Belegenheitsrechts für inländisches Immobiliarvermögen. Aufgrund Entscheidung des EuGH vom 9.9.2021, ZEV 2021, 717 (zum österreichischem Recht) ist nun fraglich, ob diese Regelung ebenfalls von der Übergangsbestimmung des Art. 83 Abs. 2 EuErbVO erfasst ist. Nimmt man dies an, dann behält eine bis zum Stichtag getroffene gegenständlich beschränkte Rechtswahl ihre Wirksamkeit, sofern es sich bei dem nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB gewählten Recht um das Heimat- oder Aufenthaltsrecht des Wählenden gehandelt hatte. Interpretiert man die Entscheidung des EuGH dagegen so, dass gegenständlich beschränkte Rechtswahlen aus dem Anwendungsbereich des Art. 83 Abs. 2 EuErbVO ausgenommen sind, hätte eine frühere Teilrechtswahl, selbst wenn sie zum Zeitpunkt der Rechtswahl nach dem Aufenthalts- oder nach dem Heimatrecht des Wählenden zulässig war, ihre Wirksamkeit verloren hat (sofern nicht das ausländische Heimat- oder Aufenthaltsrecht etwas anderes entscheidet). Im deutsch-irischen Rechtsverkehr spielt dies freilich kaum eine Rolle, da für diese Vermögensmasse aus irischer Sicht ohnehin deutsches Recht anzuwenden ist und bei einem domicile in Irland diesbezüglich eine Rückverweisung auf das deutsche Belegenheitsrecht erfolgt.