Zusammenfassung
Zwar genügt ohne abweichende Vereinbarung die Benachrichtigung eines anderen Gesellschafters von einer Kündigung für deren Zugang. Von dieser Grundregel können die Gesellschafter aber im Rahmen des Gesellschaftsvertrags abweichen und regeln, dass die Kündigung der Gesellschaft und allen Gesellschaftern zugehen muss.
Kündigung wurde nur 2 von 6 Gesellschaftern gegenüber erklärt
Die Kläger und Beklagten betrieben eine Partnerschaftsgesellschaft von Patentanwälten, die drei Standorte (Profit-Center) hatte. Im Zuge verschiedener Umstrukturierungen und Streitigkeiten über Entnahmen übersandten die Beklagten an zwei der sechs Gesellschafter ein "Anfechtungs- und vorsorgliches Kündigungsschreiben", verbunden mit dem Angebot eines geänderten Innengesellschaftsvertrages zum Standort M. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass eine Kündigung schriftlich gegenüber der Gesellschaft und den anderen Partnern zu erklären ist. Die Parteien streiten nun über die Frage, ob die kündigenden Beklagten wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden sind.
Das Landgericht München hat festgestellt, dass die Anfechtung unwirksam ist. Aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung seien die Beklagten jedoch am 19.08.2015 aus der Partnerschaftsgesellschaft ausgeschieden. Zwar sei die Kündigung nicht gegenüber allen Partnern ausgesprochen worden, jedoch hätten alle Partner an diesem Tag von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt. Deshalb könnten sich die Kläger auch aus Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit der Kündigung aus formalen Gründen berufen.
Kündigung ist unwirksam (OLG München, Urteil v. 19.07.2017, 20 U 4419/16)
Das OLG München hat die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen und auch die Kündigung für unwirksam erklärt. Zum einen sei die Kündigung nicht an die Gesellschaft, sondern nur an einzelne Gesellschafter gerichtet. Außerdem sei eine eindeutige abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag vorhanden. Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass die Erklärung nicht als Kündigung der Gesellschaft auszulegen ist, sondern nur als Kündigung eines Profitcenters anzusehen sei, so dass eine Annahme der Kündigung durch die übrigen Gesellschafter gar nicht möglich sei.
Bei Kündigungen sollten stets alle Formalitäten genau beachtet werden
Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Parteien einer Gesellschaft hohe Sorgfalt auf den Gesellschaftsvertrag verwenden müssen. Das erfolgt hier bei dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags offenbar, da sie (als Patentanwälte auch sicherlich der Tragweite der Erklärungen bewusst) detaillierte Regelungen zum Prozedere getroffen hatten.
Bei der Formulierung der Kündigung und auch der richtigen Adressierung sind unbedingt die Formalitäten einzuhalten, damit nicht eine Kündigungsfrist verpasst wird. Hierbei sollte immer der sicherste Weg gewählt werden, selbst wenn ein Risiko besteht, dass die vereinbarten Regelungen unwirksam sein könnten.
Dass das OLG München dem Einwand der ersten Instanz nicht gefolgt ist, die Kläger könnten sich nach Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit berufen, ist kein zwingendes Ergebnis. Das kann man auch anders sehen – vorliegend kam es hierauf aber wegen der Auslegung der Kündigung als lediglich profitcenter- und nicht gesellschaftsgebezogen nicht mehr an. Allgemein gilt: Wenn Gesellschafter nach Erhalt einer Kündigung ausdrücklich den Verzicht auf die Einhaltung der Formalitäten erklären, werden sie sich später in aller Regel nicht auf die Formalitäten berufen können.