I. Struktur der Wirtschaft in Italien
Rz. 1
In Italien sind kleine und mittlere im Vergleich mit großen Unternehmen stärker vertreten. Strategische Allianzen werden u.a. durch die Einführung des sog. Netzvertrages (contratto di rete) im Jahr 2009 berücksichtigt, welcher zwei oder mehreren Unternehmen ermöglicht, eine oder mehrere ihrer Tätigkeiten gemeinsam auszuüben, um eine weitere Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Im Jahr 2012 wurde zudem das sog. innovative Start-up (startup innovativa) eingeführt, welches als ausschließliche oder überwiegende Tätigkeit die Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von innovativen Produkten oder Dienstleistungen mit hohem technologischem Wert hat.
Rz. 2
Die Mehrzahl der italienischen Firmen sind daher Einzelhandelsunternehmen mit Familiencharakter, ferner gibt es eine relativ hohe Zahl an oHG, GmbH und Genossenschaften, Letztere vor allem im Agrarbereich. Die Mehrheit der italienischen Gesellschaften besteht in Form der GmbH.
Rz. 3
Die Regelungen im Zivilgesetzbuch von 1942 trugen den unterschiedlichen Bedürfnissen der italienischen Wirtschaft bei der AG mit einem eher anonymen und der GmbH mit einem übersichtlichen Gesellschaftskreis nicht hinreichend Rechnung; beide waren zu ähnlich ausgestaltet in einem System von strikten Gesellschaftsmodellen, welche vor der Gesellschaftsrechtsreform im Jahr 2004 wenig Raum für individuelle gesellschaftsrechtliche Regelungen bei Kapitalgesellschaften boten.
II. Überblick über die Gesellschaftsformen
Rz. 4
Das italienische Recht sieht eine Vielzahl von Gesellschaftsformen vor, welche im Wirtschaftssystem Italiens unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Die Gesellschaften sind im fünften und sechsten Kapitel des fünften Buches des italienischen Zivilgesetzbuches (codice civile; im Folgenden "c.c.") geregelt.
Rz. 5
Im fünften Kapitel sind geregelt:
▪ |
BGB-Gesellschaft (società semplice – s.s.; Abschnitt 2); |
▪ |
offene Handelsgesellschaft (società in nome collettivo – s.n.c.; Abschnitt 3); |
▪ |
Kommanditgesellschaft (società in accomandita semplice – s.a.s.; Abschnitt 4); |
▪ |
Aktiengesellschaft (società per azioni – s.p.a.; Abschnitt 5); |
▪ |
Kommanditgesellschaft auf Aktien (società in accomandita per azioni – s.a.p.a.; Abschnitt 6); |
▪ |
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (società a responsabilità limitata – s.r.l.; Abschnitt 7). |
Rz. 6
Im sechsten Kapitel sind geregelt:
▪ |
Genossenschaft (società cooperativa – soc. coop.; Abschnitt 1); |
▪ |
Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit (mutua assicuratrice; Abschnitt 2). |
III. Grundzüge des Gesellschaftsrechts im codice civile
Rz. 7
Allen vorangestellt ist Art. 2247 c.c., Generalnorm des Gesellschaftsrechts, welche die bindenden Elemente für jede der verschiedenen Gesellschaftsformen festlegt, während die nachfolgenden Abschnitte die speziellen Regelungen für jeden einzelnen Gesellschaftstyp enthalten.
Rz. 8
Eine weitere Norm, ebenfalls aus dem fünften Kapitel, rundet das System ab: Art. 2249 c.c. bestimmt, dass alle Gesellschaften, welche den Zweck einer gewerblichen Tätigkeit verfolgen, ausschließlich gemäß den in den Abschnitten 3 ff. des fünften Kapitels vorgesehenen Formen gegründet werden können. Hiervon ausgenommen sind lediglich die Genossenschaften sowie einige besondere Gesellschaftsformen für die Ausübung von bestimmten gewerblichen Tätigkeiten (z.B. die Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, in welcher der Gesellschafter in der Regel gleichzeitig Versicherungsnehmer ist). Das System der italienischen Gesellschaften ist demzufolge ein geschlossenes System, in dem nur die Wahl zwischen den im codice civile und im Allgemeinen im Gesetz vorgesehenen Gesellschaftstypen besteht, welche schutzwürdig und gesetzlich zulässig sind. Art. 2249 c.c. sieht ausdrücklich die Unzulässigkeit von atypischen Gesellschaftsformen vor und stellt insofern für das Gesellschaftsrecht eine Abweichung vom Grundsatz der Vertragsfreiheit dar. Es können allerdings atypische Klauseln in Gesellschaftsverträge aufgenommen werden, solange sie nicht gegen zwingende Vorschriften verstoßen und die grundlegenden Elemente der Gesellschaftstypen unangetastet bleiben.
IV. Gesellschaftsformen im Einzelnen
Rz. 9
Folgende Gesellschaftsformen sind im codice civile geregelt.
1. Personengesellschaften
Rz. 10
Bei diesem Gesellschaftstyp überwiegt das persönliche Element vor dem der Vermögensbeteiligung. Sie stehen daher im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften. Die Personengesellschaften sind keine eigenständige juristische Person, so dass auch das persönliche Vermög...