Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
I. Grundsätze des italienischen Erbrechts
Rz. 70
Das italienische Erbrecht wird von folgenden Grundsätzen geprägt:
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Grundsatz der Universalsukzession; |
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gesetzliches Erbrecht als Verwandtenerbrecht, Berufung kraft Repräsentation; |
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Ausgestaltung des Pflichtteils als echtes Noterbrecht; Erwerb der bis dahin ruhenden Erbschaft erst mit der Annahmeerklärung; |
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Ausgestaltung des Vermächtnisses als sog. Vindikationslegat; und |
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Verbot des Erbvertrages und des gemeinschaftlichen Testaments. |
Rz. 71
In Art. 2 terdecies codice della privacy ist gereglt, dass bestimmte Personen, u.a. auch Bevollmächtigte und diejenigen, die aus schutzwürdigen familiären Gründen handeln, die Rechte nach Art. 15–22 DSGVO bezüglich der Daten einer verstorbenen Person ausüben können. Man darf wohl davon ausgehen, dass in Italien digitale Daten Teil des Nachlasses sind und somit dem allgemeinen Erbrecht unterliegen. In der Praxis wird vorgeschlagen, Vertrauenspersonen ein mandatum post mortem exequendum mit Vollmacht zu erteilen.
II. Gesetzliche Erbfolge
1. Allgemeines
Rz. 72
Als gesetzliche Erben sind in Art. 565 c.c. der Ehegatte, die Abkömmlinge, die Aszendenten, die Geschwister, die übrigen Verwandten bis zum sechsten Grad und der Staat genannt. Grundsätzlich schließt der nähere den entfernteren Verwandtschaftsgrad aus.
Rz. 73
Durch die Kindschaftsrechtsreform 2014 sind in Italien eheliche und nichteheliche Abkömmlinge vollkommen gleichgestellt (Art. 565 c.c. n.F.).
Rz. 74
In der Seitenlinie sind seither auch "nichteheliche" Geschwister des Verstorbenen (Art. 468 c.c. n.F.), die bislang erst in der vorletzten Ordnung vor dem Staat erbberechtigt waren, gleichgestellt. Nach dem außerhalb der Ehe geborenen Kind sind, soweit diese Ordnung zum Zug kommt, alle Verwandten in der Seitenlinie erbberechtigt.
Rz. 75
Im italienischen Recht hat der eingetragene Partner die gleiche erbrechtliche Stellung wie der Ehegatte (u.a. Pflichtteilsrecht, Ausgleichung, Familienvertrag).
Rz. 76
Hingegen ist der nichteheliche Partner weder pflichtteilsberechtigt noch gesetzlicher Erbe. Er kann nur durch Testament bedacht werden. Partner einer convivenza sind im Familienvertrag nicht berücksichtigt. Genügt der convivente den gesetzlichen Anforderungen (Art. 1 Abs. 36 ff.), so sind ihm jedoch einzelne Rechte zuerkannt. Im Mietrecht gilt nun explizit für die Familienwohnung die Sonderregelung zugunsten des überlebenden Ehegatten in Art. 6 G. Nr. 392/1978, die in der Vergangenheit analog angewendet wurde. Der Partner einer convivenza hat daher einen Anspruch, in den Mietvertrag einzutreten, auch wenn der Mietvertrag allein vom verstorbenen Partner abgeschlossen wurde. War der Verstorbene Eigentümer, hat der Partner ferner einen befristeten Anspruch darauf, weiter in der gemeinsam genutzten Wohnung zu leben.
2. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
Rz. 77
Das Erbrecht des Ehegatten ist in Art. 581 c.c. geregelt. Soweit neben dem Ehegatten Abkömmlinge, Eltern, Großeltern oder Geschwister des Erblassers vorhanden sind, erben diese mit. Sind solche nicht vorhanden, erbt der Ehegatte allein. Beim Zusammentreffen mit Kindern oder deren Repräsentanten erbt der überlebende Ehegatte die Hälfte des Nachlasses, wenn nur ein Kind vorhanden ist, ansonsten ein Drittel. Neben ehelichen Aszendenten (Eltern, Großeltern und Urgroßeltern) des Erblassers und/oder dessen Geschwistern (auch halbbürtigen) bzw. den Repräsentanten der Geschwister erbt der überlebende Ehegatte zwei Drittel des Nachlasses (Art. 582 S. 1 c.c.).
Rz. 78
Darüber hinaus steht dem Ehegatten gem. Art. 540 Abs. 2 c.c. ipso iure noch ein dingliches Nutzungsrecht an der Ehewohnung und am dazugehörigen und im Eigentum des Erblassers stehenden Hausrat zu. Dieser...