Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
Rz. 40
Auch sonstige sachrechtliche Verbote des italienischen Rechts (Verbot des Erbvertrages und des gemeinschaftlichen Testaments, Unzulässigkeit von Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträgen sowie grundsätzliche Unzulässigkeit der Anordnung der Nacherbschaft) sind nicht als Teil des italienischen ordre public zu beachten. Die Frage stellt sich insbesondere bei einer vor Geltung der EuErbVO getroffenen Rechtswahl deutschen Rechts durch einen italienischen Staatsbürger. Die h.L. in Deutschland sieht die Rückverweisung nicht neutral, sondern unter dem Vorbehalt des italienischen ordre public, d.h., die Rückverweisung greift nicht ein, soweit das deutsche Recht Rechtsinstitute/Regelungen enthält, die mit Grundwertungen des rückverweisenden italienischen Rechts unvereinbar sind.
Rz. 41
Bei dem Verbot des Erbvertrages und des gemeinschaftlichen Testaments nach Art. 458, 589 c.c. handelt es sich sowohl aus italienischer als auch aus deutscher Sicht um inhaltliche Verbote, nicht um bloße Formvorschriften. Durch die Regelung in der EuErbVO werden sie nun – auch von Italien als Mitgliedstaat – als mögliche Regelungsinstrumente anerkannt, so dass ein Verstoß gegen den ordre public wohl ausscheidet.
Rz. 42
Die EuErbVO brachte für das italienische Recht eine wichtige Klärung. Erbverträge sind nach Maßgabe von Art. 25 EuErbVO zulässig. Das gilt sowohl für den Fall, in dem der italienische Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, als auch für den Fall, dass der Vertragspartner deutscher Staatsangehöriger ist. Dies ergibt sich aus Art. 25 Abs. 3 EuErbVO. Zu beachten ist allerdings, dass der Begriff "Erbvertrag" nach der EuErbVO nicht mit dem Begriff des it. patto successorio übereinstimmt, da gem. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) EuErbVO unter den europäisch-autonomen Begriff nur die sog. patti istitutivi (Verfügungsverträge) fallen, nicht hingegen die sog. patti dispositivi und patti rinunciativi. Letztere bleiben daher nach italienischem Recht unzulässig.
Rz. 43
Auch ein gemeinschaftliches Testament ist gem. Art. 24 EuErbVO zulässig. Da für die Zulässigkeit und Wirksamkeit an die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments (Art. 24 Abs. 1 EuErbVO) bzw. des Abschlusses des Erbvertrages (Art. 25 Abs. 1 EuErbVO) angeknüpft wird, scheidet eine mögliche Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung im Todeszeitpunkt auch beim Statutenwechsel aus.
Rz. 44
Die Anordnung der Nacherbschaft steht wie früher schon nicht im Widerspruch zum italienischen ordre public, ist also auch bezüglich in Italien belegenen Nachlassvermögens anzuerkennen.