Rz. 74

Im Rahmen der Reform 2004 wurde die Haftung der Gesellschafter bei Unterkapitalisierung der GmbH verschärft. Gerade die GmbH mit einem Mindestkapital von 10.000 EUR oder sogar von 1 EUR, wie die Novellen 2012–2013 ermöglichen, kann relativ schnell in eine finanzielle Schieflage geraten, so dass eine Finanzierung seitens der Gesellschafter erforderlich ist, damit die Gesellschaft weiter am Markt bestehen kann. Eine Finanzierung seitens der Gesellschafter kann durch Einzahlung auf das Kapitalkonto oder als verlorener Zuschuss erfolgen. In diesen Fällen liegt also ein echter Zuwachs des Gesellschaftsvermögens vor, ohne dass eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Rückzahlung an die Gesellschafter besteht. Eine Rückzahlung käme allenfalls im Rahmen der Liquidation nach Befriedigung aller Gläubiger in Betracht.

 

Rz. 75

Ganz anders verhält es sich bei Gesellschafterdarlehen, welche die Gesellschafter mit ihren Forderungen in Konkurrenz zu anderen Gläubigern stellen. Aufgrund ihrer Nähe zur Gesellschaft könnte es im Fall einer Krise – oder im Vorfeld einer solchen – dazu kommen, dass die Gesellschaft durch vorrangige Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen finanziell geschwächt und sich das Bonitätsrisiko zu Lasten der anderen Gläubiger der Gesellschaft verschlechtern wird. Zum Schutz der anderen Gläubiger im Fall der Insolvenz der Gesellschaft hat daher der Gesetzgeber vorgesehen, dass der darlehensgebende Gesellschafter bei der Befriedigung seiner Forderungen hinter dritten Gläubigern zurückzustehen hat und seine Forderung nachrangig zu allen anderen Gläubigerforderungen zu bedienen ist. Hierbei wird das vom Gesellschafter gewährte Darlehen allerdings nicht wie eine Kapitaleinlage behandelt, sondern es bleibt bei einer Forderung aus dem Darlehensvertrag gegen die Gesellschaft, die zur Insolvenztabelle anzumelden und nachrangig, nach allen anderen Gläubigern, befriedigt wird.

 

Rz. 76

Die Rückzahlung von Darlehen an die Gesellschafter ist grundsätzlich zulässig. Wenn die Darlehen der Gesellschaft in Zeiten gewährt werden, in denen von einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht auszugehen ist oder in denen ein vernünftig handelnder Kaufmann als Gesellschafter Kapital nachgeschossen hätte, darf die Rückzahlung erst nach Befriedigung aller anderen Gläubigern erfolgen (Art. 2467 c.c.).[51] Wenn das Darlehen im selben Zeitraum bereits an den Gesellschafter zurückgeflossen ist, hat er die erhaltenen Gelder an die Gesellschaft zurückzuerstatten.

[51] Bis zum 31.8.2021 findet die alte Fassung des Art. 2467 c.c., Abs. 1, Anwendung, wonach die Rückzahlung von Darlehen an die Gesellschafter, die im letzten Jahr vor Insolvenzeröffnung gewährt wurden, erst nach Befriedigung aller anderen Gläubigern erfolgen darf. Mit der neuen Fassung ab dem 1.9.2021 ist die Rückzahlung nicht an das Jahr vor der Insolvenzeröffnung oder an eine Insolvenz geknüpft, sondern an den Status der Gesellschaft zur Zeit des Darlehens (der Absatz wurde durch Art. 383, Abs. 1, DLgs 12.1.2019 Nr. 14, Art. 389 Abs. 1 DLgs Nr. 14/2019 und Art. 5 Abs. 1 DL 8.4.2020 Nr. 23 geändert, welcher in das Gesetz Nr. 5.6.2020 Nr. 40 mit Änderungen umgewandelt wurde. Kassationshof, Urteil 20.6.2018 Nr. 16291.

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